Sie rücken ihn nicht ins Heroische, sie
suchen ihn nicht als Fürsten oder Aristokraten
zu drapieren, sie geben ihm nicht eine weh-
mütige, weltschmerzliche, lyrische oder roman-
tische Pose, sondern sie suchen das menschliche
Wesen schlicht und einfach auszudrücken. Sie
verschönern ihn auch nicht, weil sie wissen, dass
jeder Versuch dazu sie von ihrem eigentlichen
Ziel ablenkt.
Typisch für diese Auffassung ist das letzte
Bild Kaiser Wilhelms I. von Lenbach, das bei
unserem durch die Photographie verwöhnten
Publikum zunächst Entsetzen erregt: Wir wollen
ihn in seiner jugendkraft, sagen sie, nicht so
alt und in sich zusammengesunken. Und dann
sehen sie gar nicht erst auf die klugen, sinnen-
den Augen, die mehr als alle anderen Augen
der Welt gesehen haben, nicht auf die natür-
liche Haltung, die nur diesem einen Körper
gehört.
Typisch dafür sind die Bildnisse Lieber-
manns, vor allem das von Bürgermeister Peter-
sen, das die ehrwürdige Gestalt zeigt, wie sie
dem unbefangenen Beobachter entgegentrat, und
Kalckreuths Bildnis seiner Frau.
Aber gelten diese und die gleichstrebenden
ernsten Künstler mit Ausnahme Lenbachs
unserem Volk überhaupt als Bildnismaler?
Dass dem nicht so ist, dafür müssen wir
die Gewöhnung an die Photographie mit ver-
antwortlich machen.