Volltext: Vom Arbeitsfeld des Dilettantismus ([Bd. 13])

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Weit von Kunst dabei überhaupt die Rede sein 
kann. Die Photographie hat die Lithographie, 
die Radierung den Kupferstich aus dem Bildnis- 
fach verdrängt und das Ölgemälde ernsthaft 
eingeschränkt. In jeder grösseren Stadt leben 
Dutzende von Photographen in so glänzenden 
äusseren Umständen, wie sie der Bildnisradierer, 
Jithograph oder -1naler und der Künstler über- 
haupt nur sehr ausnahmsweise erreicht. Die un- 
geheuren Summen, die unser Volk alljährlich für 
Bildnisphotographien ausgiebt, Würden im Dienste 
eines gebildeten Geschmackes genügen, eine 
Blüte nationaler Kunst hervorzurufen. 
Wenn dereinst eine spätere Zeit die zufällig 
der Vernichtung entgehenden Bildnisphotogra- 
phien unserer Zeit als Dokumente für unsere 
künstlerische Gesinnung auslegen Wird, kommen 
wir schlecht Weg. 1' Man Wird zu dem Schlusse 
berechtigt sein, dass wir in künstlerischen Din- 
gen ein feiges, fades Geschlecht gewesen seien, 
mit dem Bedürfnis nach Pose, nach flauer, in- 
haltloser Schönheit, ohne eine Spur von Empfin- 
dung für Charakter. Man Wird uns die kühnen 
Bildnisse der älteren Epochen gegenüberstellen 
und nicht begreifen, dass ein Geschlecht so tief 
sinken konnte, "wie Wir, wenn doch soviel ernste 
und grosse Kunst schon in der Welt War. Die 
Kunsthistoriker des einundzwanzigsten Jahrhun- 
derts Werden ihren Schülern die Eigenschaften 
der gemalten Bildnisse aus unserer dann so Weit 
zurückliegenden Epoche zu erklären suchen, in-
	        
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