Volltext: Vom Arbeitsfeld des Dilettantismus ([Bd. 13])

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gam in ihrem reichen Gemache nebeneinander, 
und in beteuernder Geberde hält der vMann mit 
den Nelkena in Berlin das Symbol der Treue in 
der Hand. Selten erscheint ein so einfaches 
feines, studienartiges Motiv, wie auf dem Porträt 
des Arnolfini in Berlin. Man sieht, das Bildnis 
ist etwas Neues, bedarf noch der Motivierung. 
Hundert Jahre später malt Holbein seinen 
Kaufmann Georg Gisze des Berliner Museums. 
Er steht in seinem Comptoir, umgeben von allen 
Geräten, die ein Kaufmann braucht, sogar die 
Kugel mit dem Bindegarn mangelt nicht. Der 
Hintergrund religiöser Beziehungen fehlt voll- 
ständig. Der Dargestellte ist nicht emporgehoben 
über sein alltägliches Leben, sondern im Gegen- 
teil bildet das Bildnis die Synthese seiner biir- 
gerlichen Existenz. 
Aber noch ist die volle Freiheit nicht ge- 
wonnen, man sieht auf den ersten Blick: das ist 
einer, der sich hat porträtieren lassen. Ganz 
frei wird das Bildnis trotz der grossartigen Schöp- 
fungen der Nürnberger, Augsburger, Mailänder 
und der Florentiner wohl erst in Venedig. 
Ein typisches Beispiel bildet das Selbst- 
porträt Titians in der Berliner Galerie. Da sind 
die Glieder gelöst. Wie sich der Mann hält, 
wie er blickt, wie die Finger auf den Tisch trom- 
meln, das ist völlig ungezwungen. Der Geschil- 
derte ist nicht für den Maler oder den Beschauer 
hingesetzt, sondern wie mit sich allein. Nicht 
umsonst wurde Titian der erste grosse Typus des
	        
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