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seit dem siebzehnten und gehört in seiner folge-
richtigen Durchbildung sogar wesentlich dem
achtzehnten und dem Anfange unseres Jahr-
hunderts an. Vor der Erfindung der Buch-
druckerkunst war das Buch ein Individuum. Es
wurde einzeln auf Pulten ausgelegt. Seiner Kost-
barkeit gemäss wurde es reich geschmückt. Es
kam dabei in Betracht, dass es bei seiner Grösse
kaum noch zu den Mobilien zählte, manche
Bücher waren so umfangreich, dass sie sich
kaum aufheben liessen, oft lagen sie noch oben-
drein angekettet. Somit bot für den Schmuck
wesentlich nur der obere Deckel Raum, den
man mit metallenen Beschlägen, oft mit Elfen-
beineinlagen, getriebenen Reliefs oder edlen
Steinen schmückte. Die Empfindlichkeit der
Pergamentblätter gegen den wechselnden Feuch-
tigkeitsgehalt der Luft machte eine Verbindung
der schweren Deckel durch Klammern notwen-
dig, die lange Zeit auch bei gedruckten Büchern,
wo sie nicht nötig sind, aus alter Gewohnheit
beibehalten Wurden und heute noch den Gebet-
und Gesangbüchern einen altertümlichen Anstrich
geben. Der untere Deckel wurde zur Zeit des
geschriebenen Buches nur bei den kleinen Gebet-
büchern geschmückt, die man bei sich trug.
Sowie die Buchdruckerkunst wirkliche Biblio-
theken im modernen Sinne möglich machte, än-
derte sich die dekorative Behandlung des Buches,
das nun nicht mehr einzeln ausgelegt, sondern
auf Börtern in Reih und Glied aufgestellt wurde.