65
Es ist, als 0b man in unserer Generation erst
entdeckt hätte, was für ein köstliches Gefäss für
die Erfindung aller denkbaren Gestalt das Bücher-
zeichen bietet.
Ursprünglich ist es, wie Buchdruck, Holz-
schnitt und Kupferstich, eine deutsche Erfindung.
Es hatte erst Sinn, als der einzelne viele Bücher
besitzen konnte und als er begann, sie seinen
Freunden zu leihen. Manuskripte hatte man
nicht verliehen. Wenn man sie mit seinem
Wappen schmückte, so geschah es im selben
Sinne, der es auf dem Schranke oder über dem
Portale anbrachte.
Die ersten deutschen Bücherzeichen stammen
noch aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Im sech-
zehnten schufen die grössten deutschen Künstler,
Dürer vor allen, auf diesem Gebiet. Das Wappen
gab fast ausnahmslos das Motiv.
Ununterbrochen blieb das Bücherzeichen in
Geltung bis in unser Jahrhundert, ganz wurde
es nie abgeschafft, wenn es auch, wie die meisten
alten Formen, zu unserer Zeit allmählich in Kunst-
losigkeit verkam.
Dann erfolgte in England, Frankreich und
Deutschland ein neuer Aufschwung. Künstler
und Dilettanten griffen nach dem neuen Aus-
drucksmittel, es fanden sich Sammler zuerst,
wie es Sammler aller möglichen Dinge giebt,
Sammler an sich, denen das Objekt einerlei ist,
dann Liebhaber, die auf Kunst ausgingen. Und
schliesslich bildeten sich sogar Gesellschaften für
Lichtwark, Arbeitsfeld d. Dilettantismus. 5