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und die vorherrschenden politischen Bestrebungen
entziehen vorläufig dem künstlerischen Dilettan-
tismus in den unteren Schichten des Volkes den
Boden. Und Wären Musse und Wille da, so wäre
es verkehrt, das Alte erneuern zu wollen. Es
ist ohne Kraft, sonst würde es aus sich selbst
neues Leben entwickeln. Und es ist verlorene
Liebesrniih, neue Bildung von unten auf bauen
zu wollen. Aller Fortschritt besteht darin, dass
Einzelne einen höheren Typus Vorleben und die
Massen ihnen nachstreben.
In der That War ja die in den letzten Zügen
liegende Volkskunst Wie die dem gleichen Schick-
sal verfallene Volkstracht ein Niederschlag städti-
scher, aüstokratischer Kultur.
Aber es sind neue Entwickelungskeime be-
reits vorhanden, deren Pilege eine neue künstle-
rische Kultur verspricht. Das ist der seit einem
Iahrzehnt mächtig auflebende Dilettantismus der
höheren Stände, der geradezu die Volkskunst
unserer Zeit geworden ist.
In den Kreisen der Wohlhabenden allein
finden sich heute die Bedingungen des Gredeihens,
Musse, Mittel und Bedürfnis. Wenn der Dilettan-
tismus gesundet, so kann und muss von
ihm aus mit der Zeit die neue Volkskunst ent-
stehen.