Einst gab es auch in unserem Volk ein starkes
Kunstbedürfnis und weitverbreitetes Kunstver-
mögen. Für die höheren Stände gehörte die
Vertrautheit mit allen Zweigen der Kunst und
die Einsicht in das Technische zur allgemeinen
Bildung. Hätten Fürst und Aristokratie nicht
mehr davon verstanden, als unser gebildeter
Durchschnittsbürger, sie Würden keinen Wert
darauf gelegt haben, ihre Umgebung künstlerisch
zu gestalten, und sich in derselben Barbarei der
Einrichtung Wohlgcfühlt haben, die heute die
Regel bildet. In vielen F ürstengeschlechtern
musste jedes männliche Mitglied die Technik
eines oder mehrerer Handwerke lernen, und die
Damen standen ihnen nicht nach in der Aus-
führung künstlerischer Handarbeiten. Bis in die
untersten Volksschichten War die Freude an künst-
lerischem Schmuck und an gediegener Technik
verbreitet, und sie ging Hand in Hand mit einem
oft ganz erstaunlich entwickelten Dilettantismus.
Der Bauer, der Schiffer, der Fischer legten selber
Hand an den Schmuck ihres Hauses und an die
Herstellung von allerlei sinnig verziertem Möbel