Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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füllt ziemlich das Bild. llier ist von der äussern Ursache, an der 
die ganze Bedeutung der Scene hängt, zu wenig mitgegeben, und 
damit der Phantasie eine ergänzende Leistung aufgebürdet, die 
statt den Eindruck des Ganzen zu verstärken und zu beleben, ihm 
Abbruch tbut. Anderseits sieht man wohl historische oder genre- 
hafte Scenen so in eine weite Landschaft eingebaut oder die Staf- 
fage einer Landschaft so anspruchsvoll vortretend, dass der Ein- 
druck, den jedes beider Elemente machen könnte, durch das 
Schwanken zwischen beiden leidet, indem jedes mehr bietet, als 
was sich wechselseitig unterstützt. 
Beispielsweise erläutert sieh diess durch folgende Beurtheilung einiger 
Bilder von Genlz, die sich auf der Berliner Ausstellung von 4864 fanden, in 
den Dioskuren 4864. S. 370. Sie stellen eine Caravanc und ein Beduinenlager 
dar. lelier nimmt der landschaftliche Hintergrund einen so bedeutenden Platz 
ein ndass das Figürliche darin fast zur blossen Staffage herabgesetzt seheinm 
Indem nun Beides, Landschaft und Figurencomposition reinen dem Grade 
nach gleichen, dem Inhalte aber nach verschiedenen Anspruch auf die Theil- 
nahme machen, wird die Aufmerksamkeit zu sehr zwischen beiden getheilt 
und kommt kein einheitlicher, die Seele ganz erfüllender, Eindruck zu 
Sl-andea; die Bilder erreichen, trotz der grossen Virtuosität und techni- 
schen Sorgfalt ihrer Durchführung nicht die Wirkung, welche sie hervor- 
bringen würden, wenn sei es das genrehafte oder das landschaftliche Element 
das andre entschieden überwöge. 
Mag es an vorigen Beispielen von Stilrücksichten nach erster 
Seite genug sein; und nur um Beispiele konnte es sich hier handeln. 
Die zweite Seite des Stils anlangend, so kümmert sich die 
Natur auch nicht darum, die Mittel, durch die sie ihre Zwecke zu 
erreichen sucht, in möglichst wohlgefälliger Weise darzuhieien; 
der Stil hat sich darum zu kümmern. 
Wenn jemand einen Arm nach etwas ansstrcckt, so kann er 
es in ungefälliger, eckiger, plumper, steifer oder in anmnthiger, 
den Eindruck gefälliger Leichtigkeit machender, Weise thun; der 
Zweck kann beidesfalls gleich gut erreicht sein; aber man wird 
die letztere Bewegung lieber sehen. So kann dieselbe ldee allge- 
meingesprochen mit (sei es direct oder associativ) ungefälligeren 
oder wohlgefäilligeren Formen, Zügen gleich gut erfüllt werden, 
und es ist Sache des Stils, die letzteren vorzuziehen, nur eben mit 
Rücksicht, dass doch die Idee gleich gut erfüllt wird, oder, wenn 
nicht, dass von der Stilseite mehr gewonnen, als Seitens der An- 
gemessenheit zur ldee verloren wird.
	        
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