Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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dorthin passen können. Soll ein Gemälde seinem ideellen Gehalte 
nach einen ernsthaften Eindruck machen, so würde es gegen den 
Stil sein, es in heitrer Färbung und Beleuchtung darzustellen; wo- 
gegen man mehrfach in älteren wie neueren Bildern gefehlt findet. 
S0 war mir eine Grablegung von Fiesole in der Gallerie der Aka- 
demie zu Florenz merkwürdig durch den sehr heitern Farbenein- 
druek, den sie in Widerspruch mit dem Charakter der Aufgabe 
machte. Alle Figuren darin mit, hellrothen und lichtblauen Ge- 
xivändern, blondem Haar, viele mit goldenen Heiligenscheinen, wie 
zu einem heiteren Feste stimmend. In andern Bildern von Fiesole 
erfreut uns dieser heitere Charakter, hier macht er sich als Manier 
geltend. Auf der zweiten Leipziger Kunstaussellung sahe ich ein 
Bild, wo durch den Himmel [liegende Enge] die Leiche des Moses 
(einer Sage gemäss) in eine Höhle tragen. Die Engel hatten papa- 
geienbunte Flügel, und widersprachen damit der Stimmung, die 
das Bild erwecken sollte. 
In Vertheilung des gesammten Stoffes eines Bildes gilt es sti- 
listischerseits, zwei Extreme zu vermeiden, eine zu gehackte, zer- 
klüftete, das Einzelne isolirende, und eine zu sehr in einander 
klumpende, den Blick verwirrende, Darstellung, wie man sie na- 
mentlich bei Schlachtenbildern häufig findet. Die Vorstellung ver- 
langt eben so, am Faden anschaulicher Mittelglieder durch das 
ganze Bild geführt zu werden, als die Gliederung der Idee in einer 
anschaulich e n Gliederung und demgemässen Trennung aus- 
gesprochen zu finden. Also gilt es, Gebundenheit und Klarheit der 
Darstellung zu vereinigen. 
Nicht minder verlangt der Stil, dass man dem Gegonstande, 
um dessen Darstellung es hauptsächlich zu thun ist, weder zu 
wenig, noch zu viel Umgebung mitgebe, jedenfalls so viel, als zur 
Bezeichnung, Erläuterung und kräftigen Entwickelung der Bedeu- 
tung des Gegenstandes n öthig ist, sofern sich solche bei völliger 
lsolirtheit desselben gar nicht geltend machen kann, und nicht 
mehr, als dazu nützlich ist, da sonst die Aufmerksamkeit zu 
sehr zerstreut Wird. Ich sahe ein grosses historisches Bild von 
Haach in Düsseldorf, darstellend, wie der schlafende Christus von 
den Aposteln im Schiffe auf stürmischem Meere geweckt wird, die 
Apostel machen erschreekte und angstvolle Mienen und Geberden; 
aber vom Meere sieht man nichts, als etwas in den vier Ecken des 
Bildes und eine in das Schiff hinaufschlagende Woge; das Sehill"
	        
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