donna. Damit macht sich in sehr vielen Fällen eine pyramidale
Gruppirung fast von selbst geltend. Aber ein Christkind kann als
Hauptfigur oder als wichtigste Nebenligur bei der Madonna nicht
wohl über den Köpfen Andrer erhoben dargestellt werden; es läuft
zu sehr gegen die sachliche Angemessenheit, mit welcher sich die
formale des Stils nicht oder nur um sehr überwiegender Vortheile
willen in Widerspruch setzen darf; also wird es durch Helligkeit
bevorzugt; fast immer ist das Christkind der hellste Fleck im gan-
zen Bilde. Dazu hilft seine Nacktheit oder die weisse Bekleidung,
die es in ältern Darstellungen trägt, und oft auch ein Lichtsehein,
der von ihm ausgeht. So, indess es von der Madonna als seiner
Mutter überragt wird, überglänzt es als himmlisches Kind die
Mutter und so wird der Stil überhaupt immer unter den ver-
schiedenen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen, das vorzuziehen
haben, was sich am besstcn mit der sachlichen Angemessenheit
verträgt und worin sich beide Seiten des Stils am bessten vertra-
gen. Nun kann man bemerken, dass bei einem Kegel mit abwärts
gekehrter Spitze die Spitze zwar nicht mehr wie bei der Aufwärts-
kehrung symbolisch einen Gipfel der Bedeutung repräsentiren kann,
immer aber noch als Vereinigungspunct, Sehlusspunst der Seiten
einen ausgezeichneten Punet darstellt, zu welchem die Seiten-
lehnen des Kegels an beiden Seiten führen; und nachdem beim
Ghristkinde jene Be deutun g der Spitze Preis gegeben werden
muss, wird gern noch diese Leistung festgehalten und das Kind
in die Spitze eines Triehters oder auf den Boden einer Grube ge-
legt, Wozu die sich um dasselbe gruppirenden Personen die Seiten-
lehnen bilden, so namentlich bei der Geburt Christi oder Anbetung
des Ghristkindes durch Maria, Engel oder Heilige. Aus dem blossen
Gesichtspuncte sachlicher Angemessenheit könnten die Erwach_
senen eben so gut blos zu einer als zwei Seiten des Kindes hiebei
stehen, das wird man nicht leicht finden; und zwar kommt bei der
zweiseitigen Stellung mit der ersten Stilrücksieht auch die zweite in
a") Sollte in dem schlechthin so genannten Holbeinschen Madonnenbilde
das obere Kind ein Christkind, das untere ein Kind der Stifterfamilie sein,
wie es die gewöhnliche Ansicht der Kenner ist, so wäre gründlich gegen den
Stil gefehlt, worin man sonst Holbein für einen Meister hält, indem das untere
Kind nicht nur um eine Spur heller als das obere ist, sondern auch durch
vortheilhafteres Aussehen und Behaben die Aufmerksamkeit mehr auf
sich zieht.