83
die innern Foderungen des Stoffes, in Welchem der Bildner seine
Gestalten wirklich bildet, der Maler sie erscheinen lässtxli) Im
zweiten Sinne bedingt der allgemeine Charakter des historischen,
des heroischen, des genrehaften Inhaltes den Stil. Im letzten
Sinne spricht man von einem malerischen, plastischen, architekto-
nischen Stil u. s. w. In den Foderungen des Objects setzt man
zwar im Allgemeinen die Foderungen des guten Stils im engern
Sinne voraus, aber der Gesichtspunct der Gemeinsamkeit liegt
nicht darin, und der Stil des Erzes kann auf Marmor, der male-
rische Stil auf plastische Werke, der Opernstil auf Kirchenmusik
übertragen schlecht werden. Der Gesichtspunot der Gemein-
samkeit kann endlich in einem bestimmten Charakter der Form
rücksichtslos auf die Natur des Subjects und Objeets der Dar-
stellung liegen, so, wenn man von einem strengen oder laxen,
leichten oder schweren, fliessenden oder gehackten, niedrigen,
grossen Stil, Rococostil, Arabeskenstil u. s. w. spricht.
Allen diesen Specialitiiten des Stils gegenüber kann man nun
endlich noch einen Gesichtspunct der Gemeinsamkeit darin finden,
dass der vorgegebenen Idee durch die Darstellungsweise über
das blosse Bedürfniss der Richtigkeit oder sach-
lichen Angemessenheit hinaus inivortheilhafter Weise
genügt wird. Das giebt den Stil in dem engern Sinne des guten
Stils, auf dessen Bedingungen wir unten näher eingehen wollen.
Insofern man nun in diesem "engern Sinne unter Stil schlecht-
hin einen guten Stil versteht, läge es nahe, unter einer stilisirten
Darstellung schlechthin auch eine Darstellung in gutem Stile zu
verstehen ; aber in der That braucht man hiefür lieber die Be-
zeichnung stilvoll oder stilmässig als stilisirt, es sei denn, dass
man zu stilisirt ausdrücklich das Beiwort gut fügt, und nur unter
solcher Voraussetzung kann vom Stilisiren als allgemeiner Kunst-
foderung die Rede sein. Hiegegen hat der Ausdruck Stilisiren
schlechthin in der Kunstconversation bezüglich der bildenden
Kunst eine etwas eigenthümliche Wendung angenommen. Gewiss
wird man von einem Genrebilde verlangen, dass es nicht minder
in gutem Stil gehalten sei, als ein historisches Bild; doch von den
4') Italien. Forsch. I. S. 87.
H) Zusammenhangsweise mit Tdealisiren
57 verstanden.
ist Stilisi
ren wesentlich so auf