Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

liessen sich Darstellungen dieser Art gegenüber dem geltenden Ge- 
schmaeke doch nach geltenden Prineipicn nicht übel verthei- 
digen. 
Sie haben in der That nur den Naehtheil, dass sie der Wahr- 
heitslfoderung und dem Wahrheitsbedürfniss so zu sagen geradezu 
ins Auge schlagen, und wo diess Bedürfniss nicht durch die Kunst- 
gewöhnung ganz verkünnnert ist oder wo es siegreich dagegen 
durehgebrochen ist, müssen sie freilich missfallen, und sollen 
auch missfallen, weil das Wahrheitsgefühl überhaupt keinen star- 
ken Widerspruch dulden soll, und das Denkmal seinen Mann nicht 
abstraet, sondern als Mann seiner Zeit und seines Volkes darzu- 
stellen die Aufgabe hat. Diese Aufgabe mit der Aufgabe zu ver- 
mitteln, ihn zugleich über die gemeine Wirklichkeit erhoben dar- 
zustellen, hat allerdings seine Schwierigkeit; nur ist das schlechtste 
Mittel dazu, ihn aus derselben entwurzelt darzustellen; gerade im 
Kleide aber liegt eins der anschaulichsten und fasslichsten Vermit- 
telungsglieder des Individuum mit seiner Zeit und Nation. Wogegen 
eine gewisse ldealisirung im Zuschnitt des Kleides und namentlich 
im Ausdruck des Mannes mit geringerem Widerspruch gegen das 
Wfahrheitsgefühl und den Sinn der Aufgabe der Schwierigkeit zu 
begegnen suchen kann. Hierauf aber wird ein späterer Abschnitt 
(XXVll) zurückkommen. 
Wenn das historische Drama und der historische Roman Denk- 
und limplindungswveisen, die der modernen Zeit angehören, in 
(lt-schichten und Personen alter Zeit überträgt, so hat das nicht zu 
verkennende noch zu unterschätzende Vortheile folgender Art. 
Historische oder mythische Personen und Geschichten von Be- 
deutung  und nur solche werden im Allgemeinen als Motiv in der 
Kunst benutzt  sind jedem Gebildeten bis zu gewissen Grenzen 
bekannt, und es wird ihnen so zu sagen von vorn herein ein fer- 
tiges Interesse entgegengebracht; indess rein erdichtete Geschieh- 
ten und Charaktere ein entsprechendes Interesse erst dadurch zu 
erzeugen suchen müssen und doch selten zu erzeugen vermögen, 
(lass sie eben so aus dem Leben gegriffen scheinen, als es jene 
wirklich sind. So hoch man von der Kunst denken mag, aber 
kein von der Kunst gemachter König interessirt uns eben so wie 
der wirkliche Alexander. Die Abwechselung mit den abgebrauch- 
len Stoffen der modernen Zeit kommt der limpfäinglichkeit für die 
einer tergaugenen Zeit angehörigen zu statten und der Kreis der
	        
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