Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

Wenn sie nicht gewisse Vortheile hätten, würden sie nicht so 
häufig sein; und diesen Vortheilen ist jedenfalls Rechnung zu 
tragen. 
Wer will leugnen, dass Napoleon als nackter griechischer He- 
ros und Friedrich August als römischer Imperator einen monu- 
mentalern Charakter, was man so nennt, tragen, als im natur- 
wahren Costum dargestellt. Um einen monumentalen Charakter 
ist es aber bei Denkmalen zu thun. Diese Personen hatten eine 
Bedeutung über die alltägliche Wirklichkeit, und sollen durch 
die Kunstdarstellung darüber hinaus gehoben erscheinen; das an- 
tike Gepräge aber macht noch heute in gewisser Weise, indem es 
alles zu veredeln scheint, den Eindruck davon, um so mehr, wenn 
es durch eine Kunstconvention und davon abhängige Gewöhnung, 
wie sie früher allgemein war, zur monumentalen Bedeutung ge- 
stempelt worden ist. Ja trotz dem, dass solche Darstellungen 
dem heutigen Geschmacke nicht mehr entsprechen, liesse sich 
noch genug zu Gunsten (lGFSOlhBD im Sinne heutiger Kunstan- 
sichten sagen. Wenn die Kunst nur aus sich selbst zu verstehen 
sein soll und ihr Recht durch ihre Thatbevxreisen kann (5.42. 43 und 
S. 62), so ist das Recht solcher Darstellungen eben durch die That- 
sache bewiesen, dass sie sich einmal einen Platz in der Kunst er- 
obert haben. Auf Darstellung gemeiner Wirklichkeit soll es der 
Kunst überhaupt nicht ankommen, und nach Cornelitls hat die 
Kunst mehr auf Schönheit als Charakteristik zu gehen (S.  
An einem nackten Napoleon aber lasst sich die Schönheit des 
menschlichen Körpers viel besser zeigen als an einem bekleideten, 
und die 'l'racht eines römischen lmperators ist kunstmassig schö- 
ner als eines Königs in llosen, was mindestens den Formästlietiker, 
dem es nur auf die Form, nicht Bedeutung der Dinge ankommt, 
zu Gunsten solcher Darstellungen stimmen kann. Napoleon hat 
also das Kleid, diese reine Nebensache für den, durch den Körper 
Linmittelbar durchscheinenden, Geist, auf den sich die Kunst doch 
zuletzt zu beziehen hat, ausgezogen, und Friedrich August das rö- 
mische Kleid angezogen, um damit in die Kunsthallen anständig 
einzutreten. Und wenn es unser Schicklichkeitsgefühl nicht ver- 
letzt, einen alten lleros nackt zu sehen, warum einen neuen, nach- 
dem so grosse Kunstvortheile mit seiner nackten Darstellung zu 
erreichen; gemeine Pruderie aber muss man beim Eintritt in die 
Kunsthallen selbst ausziehen und ilahinten lassen. So, denke ich,
	        
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