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Den nächstliegenden Grund davon kann man finden, wenn
man sieht, wie auf Gallerien Bilder, worin der durchschnittlich zu
findende Schein des Relief weit überstiegen ist, vom grossen Pu-
hlieumbewundert werden. Ueher dem Kunststück, was der Maler
gemacht hat, vergessen sie nach dem Sinne des Kunstwerkes zu
sehen. Wir sind so gewohnt, den Mangel des lleliels hei Gemälden
hinzunchmen, dass er uns nicht mehr stört, und wir allerdings
anfangen, seine Beschränkung zum Wesen der Malerei zu rechnen.
Wenn ausnahmsweise einmal etwas mehr als das Gewöhnliche ge-
leistet ist, tritt uns diess fremdartig entgegen, nimmt unsere Auf-
merksalnkeit in Anspruch, und das der Natur, der Wirklichkeit
Entspreehendere scheint uns aus der Natur der Malerei herauszu-
treten. Könnte die Malerei überall das Relief vollkommen für den
Augenschein wiedergeben, so würde dieser Nachtheil wegfallen;
aber das kann sie nicht für unser Sehen mit zwei Augen, für
wechselnde Standpuncte und Scenen von grösserer Tiefe. Nun
widerstrebt es uns weniger, überall nach einem bestimmten Prin-
eipe von der Natur abgewichen zu sehen, als unter gewissen Be-
dingungen eines Bildes ihr ganz entsprochen, unter andern davon
iIlÜgGWlGlIGD zu sehen. Die Regel, mit dem Schein des Reliefs in
der Malerei nicht zu weit zu gehen, beruht also in letzter Instanz
vielmehr auf einem Nichtkönnen, als Nichtsellen. Was sie durch-
schnittlich nicht kann, soll sie auch ausnahmsweise nicht wollen.
Uebersctzungcn ins Antike und Moderne.
1m
Vorhof
der Gallerie
Brera
zu Mailand steht Kaiser
poleon als splitterfasernackter lleros, und auf unsrer Esplanade
König Friedrich August der Gerechte als Römischer Imperator.
Niemand wird meinen, dass die liberalen Reden Marquis P0sa's im
Don Karlos Sache der alten spanischen Zeit waren, dass der Bar-
harenkönig Thoas in der Iphigenie recht eigentlich barbariseli fühlt
und handelt, ja dass eine Iphigenie der Ileroenzeit so [ein gefa-
serte lämplindungen hatte, als im Götheschen Drama.
Schade, dass man keinen allgemeinen Ausdruck für solche
Fälle hat, wie ich sie hier in ein paar Beispielen vorgeführt habe.
ln Ermangelung eines andern Ausdrucks brauche ich bUGbGfSeLZLlUg
ins Antike oder Modernea dafür. Was soll man zu solchen Ueber-
setzungen sagen