Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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durch den Zusammenhang, in dem es auftritt, die Praeeedentien 
und die Umgebung nachdrücklieluvr als Hauptsache geltend, als im 
Bilde, was alle Mittel, die Aufmerksamkeit zu richten, in sich selbst 
darbieten, also auch die Ausführung der Gegenstände mit Bück- 
sicht darauf abmessen muss, um den Nachtheil, in dem es in die- 
ser llinsieht gegen die Natur steht, dadurch zu eompensiren. 
Wenn es freilich keine Kunst wäre, in der Vollendung der 
Detailausführung gleichen Schritt mit der Vollendung der Haupt- 
züge zu halten, und wir jener Vollendung in der Kunst überall 
eben so gewohnt wären, als in der Natur, so würde sich auch das 
Interesse und die Aufmerksamkeit dafür, hiemit die zerstreuende 
Kraft davon, in entsprechender Weise abstumpfen. Aber nicht 
nur, dass es unmöglich ist, die Detailausführung der Natur durch 
Kunst vollständig zu erreichen, ist es auch eben so langwierig als 
schwierig, ihr nur sehr nahe zu kommen. Desshalb abstrahirt die 
Kunst im Ganzen und Grossen selbst von der an sich möglichen 
Feinheit der Ausführung, und jedes Mehr oder Minder fängt hie- 
nach an, einen anziehenden oder abziehenden Einfluss auf unsere 
Aufmerksamkeit zu üben, der stilmässig in vortheilhaftester Weise 
berücksichtigt werden muss.  
Sandrartlf) erzählt, er sei einmal mit dem kunstreichen van 
Laer zu Gerhard Dow gekommen, um ihn kennen zu lernen, und 
seine Arbeiten in Augenschein zu nehmen. Der Künstler habe sie 
höflich empfangen und ihnen bereitwillig seine Arbeiten gezeigt. 
Als sie aber unter Anderem den grossen Fleiss gelobt hatten, wel- 
chen er auf einen Besenstiel gewandt, der um Weniges grösser als 
ein Fingernagel war, habe er erwiedert, dass er wohl noch an die 
drei Tage daran zu arbeiten habe. 
Diess Gesehiehtehen ist in doppelter llinsieht instruetiv. Wer 
wird einem natürlichen Besenstiel seine Aufmerksamkeit wegen 
seiner Ausführung schenken; einem gemalten schenkt man sie, 
weil man sie gewöhnlich nicht da findet. Und wie lange brauchte 
Dow, um sich in der Ausführung des Besenstiels ganz befriedigt zu 
finden. llättc nun Raphael auch zu jeder Kleinigkeit wie einem 
Besenstiel mehr als drei Tage gebraucht, wie viel Gemälde würden 
wir von ihm haben"? Die Kunst aber hat sich so zu sagen gesagt: 
um des Vortheils willen, viele in der Hauptsache vollendete Werke 
Tßutschc Ak. 
321.
	        
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