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dem es bewundernswürdig charakteristisch für ein elendes krankes
menschliches Würmchen ist, hiemit aber die elendest mögliche
Vorstellung von einem Christkinde giebt; wogegen das Christkind
der BaphaePschen Sixtina sehr Wenig charakteristisch für ein
menschliches Kind überhaupt, um so charakteristischer aber für die
Vorstellung ist, die man geneigt ist sich von einem Christkinde
zu machen, dem seine erhabene Vorbestimmung schon aus den
Augen leuchtet. Es ist so zu sagen ein Wunder von Charakteristik
in dieser Hinsicht, da wie bemerkt die Charakteristik idealer Per-
sönlichkeiten im Allgemeinen weit hinter ihrer Aufgabe zurück-
bleibt.
XXIV.
der Kunst
einige Haupt - Abweichungen
von der Natur.
Ueber
Verletzungen der Einheit des Baumes, der Zeit und der Person.
In gewisser Weise zahlen zu den stärksten Abweichungen der
Kunst von der Natur die Verletzungen der Einheit des Baumes,
der Zeit und der Person. Um an einige Beispiele solcher Ver-
letzungen in der bildenden Kunst zu erinnern, so sieht man in
manchen Bildern, als von Raphael, Kaulbach, Bahl die Heroen
einer liingern (Iulturperiode, Welche zu verschiedenen Zeiten und
an verschiedenen Orten gelebt haben, in irgend welcher anschau-
lichen Verbindung und Beziehung auf demselben Bilde vorgestellt;
in älteren Bildern mehrfach die ganze Leidensgeschichte Christi
oder sonst biblische Geschichten in einem zusammenhängenden
Felde in verschiedenen Scenen zugleich vorgeführt, in Votivbildern
die Donatorenlignren am Kreuze oder bei der Geburt Christi mit
knieend (lau-gestellt. Auch auf mittelalterlichen und antiken Bas-
reliefs fehlt es nicht an hieher gehörigen, zum Theil sogar sehr ge-
waltsamen, Beispielen.
vDiB Bronze-Reliefs von (lhibertl (l. von 4378-4455) am Hauptportale
des Bälplßlefillll] zu Florenz, von denen Michel Angelo sagte, sie seien wür-
dig, die Pforten des Paradieses zu zieren, enthalten in 10 grossen Feldern
deren jedes ein zusummenhäugexxdcs Bild darstellt, 5001181] des alten Testa-