Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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Aber man bemerke, dass diese Regel von einem Künstler ge- 
geben ist, der in einem Gebiete, dem idealen Kunstgebiete, schuf, 
wo das Hauptgewicht eben nicht auf der Charakteristik liegt, und 
die ihm beistimmen, halten sich im Allgemeinen in demselben Ge- 
biete und achten grossentheils kein anderes. Immerhin ist zu be- 
ilauern, dass eine al lgcmeingesprochen doch nureinseitige 
Regel durch ihren Ausspruch Seitens einer grossen Autorität als 
aillgtzmeintw sanctionirt zu werden scheint. [m Grunde wird die Dar- 
stellung selbst der idealsten Persönlichkeit noch so charakteristisch 
als möglich bezüglich der Vorstellung, die man sich vom Cha- 
rakter dieser Persönlichkeit zu machen hat, zu halten sein; womit. 
sie nun eben eine ideale wird, so dass hier möglichst weit getrie- 
bene Schönheit und Inöglichst weit getriebene Charakteristik von 
selbst mit einander gehen, ohne dass von einer Bevorz ugung 
der einen vor der andern an sich die Rede sein kann. Nur bleibt 
bei den Hauptgegenstiinden der idealen Kunst die möglichst Weit 
getriebene Charakteristik immer noch weit hinter dem Gegenstande 
zurück  denn das als göttlich Vorgestellte liisst sich nun einmal 
nicht adäquat darstellen, und nach dem Charakter des ldealelm 
selbst verläuft sich die Charakteristik desselben in mehr oder we- 
niger allgemeine Normaltypen, so dass sich hier durch Charakte- 
ristik nicht so viel leisten lasst, als durch Schönheitshedingungen 
abgesehen von Charakteristik; wesshall) ich sagte, dass hier ein 
grösseres Gewicht aul der Schönheit als auf der Charakteristik 
liege, und man auch hier von (lharakteristik gar nicht zu sprechen 
pllegt. Jedoch auch im idealen Kunslgehietiz gilt es nicht hloss 
ideale Persönlichkeiten, sondern  Nehenpersonen, unter- 
geordnete Personen mit darzustellen, wo Schönheit und Cha- 
rakteristik gar nicht eben so miteinander gehen, als bei den 
idealsten Persönlichkeiten; und wenn nun, wie natürlich, Cor- 
nelius" Regel dahin verstanden wird, dass auch hier, im Con- 
llict von Schönheit und Charakteristik, die erstere zu bevorzugen 
sei, so entspricht diess allerdings der vorherrschenden Ausühungs- 
weise der idealen Kunst und dem dadurch gebildeten und (laraul 
eingerichteten  Geschmack, doch halte ich sehr 
fraglich, ob dieser nicht ilereinst als Sache eines üherwundenen 
Standpunctes gelten wird. Denn es ist zwar sehr wahr, was Cor- 
nelius sagt, (lass ein einfach scrhönes Antlitz oft mehr wirkt als alle 
Betonung des lndiviiluelleii, und eine Madonna wird nie zu schön
	        
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