Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

So wenig als die angenehmen und schönen Künste von den 
nützlichen sind beide erstre von einander durch eine scharfe 
Gränze zu scheiden. Denn erstens giebt es keinen andern als blos 
relativen oder willkürlich abgesteckten Höhenunterschied zwischen 
angenehm und schön, Wonach man z. B. in Zweifel sein kann, 0b 
man die Kunst schöner Gefässe und Tanzkunst hoch genug halten 
soll, um sie unter die im engern Sinne schönen oder blos unter die 
angenehmen Künste aufzunehmen; zweitens geht das dem niedern 
Sinne wohlgefällige Angenehme vielfach in das dem höhern Sinne 
wohlgefällige Schöne als wirksames Element mit ein und kann so- 
mit auch eine angenehme Kunst in den Dienst einer schönen treten. 
Hier wie überall, wo keine scharfe Abgränzung in der Sache statt 
findet, ist die Mühe, die man sich mit einer scharfen Abgränzung 
der Begriffe gegen einander geben mag, fruchtlos. 
Man pflegt Kunst und Natur einander gegenüberzustellen. 
Nun wird auch der Begriff der Natur verschieden gefasst, und blos 
nach einer dieser Fassungsweisen tritt die Natur in jenen Gegen- 
satz ein. Einmal versteht man unter Natur die wesentliche Be- 
schaffenheit irgend eines Dinges, wonach man von der Natur eines 
Kunstwerkes ebensowohl als von der eines Naturkörpers sprechen 
kann; zweitens die materielle äussere Erscheinungswelt gegenüber 
der innern geistigen, wonach der Marmor einer Statue eben so gut 
als der eines Gebirges zur Natur gehört. Im Gegensatz gegen 
Kunst aber versteht man unter Natur eben nur, was abgesehen 
von Kunst im äusseren Erfahrungsgehiete entsteht und besteht; 
und natürlich, je nachdem man Kunst weiter oder enger fasst, 
verengert oder erweitert sich der Begriff der gegenüberstehenden 
Natur. Den schönen Künsten, insbesondere den bildenden gegen- 
über, nennt man auch wohl das, was ausserhalb derselben im 
äusseren Erfahrungsgebiete besteht, gemeine Wirklichkeit 
oder Wirklichkeit schlechthin. 
Aus anderme Gesichtspuncte als der Natur setzt man die 
Kunst der Wissenschaft und Religion gegenüber, indem 
man die Pflege des Schönen oder Einbildung desselben in das Le- 
ben der Kunst, die des Wahren der Wissenschaft, die des Guten 
der Religion und mit ihr verwachsenen Moral anheim giebt. Nach 
dem Zusammenhangedieser drei höchsten Ideen aber, wovon Ge- 
legenheit war im 2. Abschnitte zu sprechen, hat man auch einen 
davon abhängigen Zusammenhang von Kunst, Wissenschaft und
	        
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