Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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zwar nicht in der Welt der äusseren Wirklichkeit wohl aber in der 
des religiösen Glaubens oder auch nur des Mythus oder Mährchens 
existiren, veranschaulicht, dem öffentlichen Cultus und der Privat- 
andachtHülfe bieten, die Schönheitsfoderungdurch Formen, die in 
der gemeinen Wirklichkeit nicht zu finden, befriedigen, die Phan- 
tasie ernst oder anmuthig beschäftigen, und kann selbst die trockne 
und langweilige Darstellung allgemeiner Begriffe und Ideen in 
Worten durch Bilder ersetzen. 
In Besprechung dieser Verhältnisse spielen drei Begriffe eine 
Hauptrolle, indem sie die l-lauptabweichungen der Kunst von der 
Natur, wodurch die Kunst ihre höheren Vortheile erreicht, aus 
verschiedenen, sich ergänzenden Gesichtspuncten bezeichnen und 
dadurch zu Angelpuncten werden, um welche sich die ganze 
höhere Kunstbetrachtung dreht, die Begriffe des Stilisirens, 
Idealisiren s und Symbolisirens, Begriffe, welche Weder in 
der Betrachtung der Natur noch der sog. nützlichen Künste An- 
Wendung finden. Hierauf näher einzugehen, wird einigen späteren 
Abschnitten vorbehalten sein. Vorläufig nur einiges ganz Allge- 
meine. 
So gross die Vortheile sind, welche die Kunst nach den ge- 
nannten Beziehungen über die reine Naturnachahmung hinaus zu 
erreichen vermag, darf man doch nicht vergessen, dass ein Con- 
flict mit den Nachtheilen der Abweichung stets bestehen bleibt. 
Mag also die Kunst stilisirend, idealisirend, symbolisirend von der 
Natur abweichen, wird es doch nur so weit geschehen dürfen, als 
es zur Erlangung der Vortheile nothwendig ist und als diese in 
Uebergewicht gegen die Nachtheile bleiben; ja die Abweichung 
von der Natur wird so viel als möglich im Sinne der Natur selbst 
geschehen müssen. Die Kunst mag geflügelte Engel darstellen," 
weil sie sonst die himmlische Herrlichkeit und Botschaften Gottes 
an die Menschen nicht darzustellen vermöchte; aber sie wird die 
Flügel, das Schweben und Fliegen so natürlich als möglich dar- 
stellen müssen. Sie wird einem Jupiter, einer Venus eine Ge- 
sichtsbildung und Züge geben dürfen, wie sie nirgends in der 
Wirklichkeit gefunden worden sind noch zu finden" erwartet wer- 
den können, aber doch nur solche, welchen die Natur um so näher 
kommt, je erhabnere und schönere Persönlichkeiten sie darstellt, 
und die auch, kämen sie wirklich in der Natur vor, den Eindruck 
der erhabensten und schönsten Persönlichkeiten machen würden.
	        
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