Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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hiren, und die Frage, warum sie bestehen, eben nur damit beant- 
worten, dass das eigenthümliche höhere Wohlgefallen, was die 
Kunst über alle Leistungen oder Natur hinaus zu erwecken vermag, 
nicht anders zu erzeugen ist; in wem es aber erzeugt werden 
kann, der wird damit selbst einen der Charaktere haben, die zum 
rechten Kenner gehören. Bleibt nach alP dem noch eine Unbe- 
stimmtheit, was man für die bessten Meister und Muster und wen 
man für die bessten Kenner zu halten hat, so ist ein bestimmteres 
Princip, als sich auf solche zu berufen, doch überhaupt nicht zu 
haben, nie zu haben gewesen und wird nie zu haben sein. Bis 
zu gewissen Grfözen ist man doch darüber einig, was man dafür 
anzuerkennen hat; in so weit es der Fall ist, wird man sich auch 
über das, was danach in der Kunst erlaubt und nicht erlaubt, ge- 
boten und nicht geboten ist, einigen können; und in so weit es 
nicht der Fall ist, giebt es kein Princip, sich zu einigen. Ueberall 
macht es sich so, dass die, welche in der Kunst heimisch gewor- 
den sind, sich zusammenfinden, sich der Uelaereinstimmung ihres 
Gefühles und Urtheiles nach Hauptsachen erfreuen, in der Nicht- 
übereinstimmung über Einzelnes auf gemeinsamer Grundlage aber 
eine wechselseitige Anregung finden. So bilden sie, wenn man. 
will, eine Kaste für sich, den Laien gegenüber, die von der Natur 
her zur Kunst kommen, ohne in ihr eigenthümliches Wesen ein- 
gedrungen zu sein. Wird die Berechtigung des Urtheiles und Ge- 
fühles solcherKennerund Freunde derKunst von den Laien nicht an- 
erkannt, so müssen sie es sich gefallen lassen; sie behalten doch 
vor diesen einen Genuss voraus, den diese missen, ein Feld geisti- 
ger Anregung, auf Welchem diese Fremdlinge bleiben, und spüren 
keinen Naehtheil davon an ihrer allgemeinen und höheren Bildung, 
linden vielmehr diese selbst dadurch gefördert. Ein feines Gefühl 
für die Schönheit der Kunst, aus dem Umgange mit ihr selbst er- 
werben, wird auch von selbst Früchte für die Schönheit der Le- 
bensführung tragen. 
Zuletzt ist jedes Kunstwerk eine freie Geistesthat; jeder 
andre Künstler wird nach seiner andern Individualität die Natur 
in andrer Weise verlassen und verlassen dürfen; man kann ihn 
und die Kunst überhaupt nicht in Regeln einzwängen wollen, 
welche gleich Naturgesetzen binden. Die Schönheit ist etwas 
Mystisches, und die Kunst, indem sie die Schönheit darzustellen 
hat, theilt diese Mystik. Sie mit dem Verstande aus ihr wegbringen
	        
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