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Künstlers dem Kunstwerke giebt, als was er dazu von der Natur
mnpfangt, liege die Aufgabe der Kunst, der Werth und die Bedeu-
tung des Kunstwerkes. Höher sich versteigend fasst der ldealist
wohl die Aufgabe des wahren Künstlers dahin, er solle als Organ
dergöttlichen Schöpferthätigkeit oder inspirirt durch sie, das gött-
liche Schöpferwerk der Natur in freieren höheren Schöpfungen fort-
setzen, und damit gleichsam eine höhere Natur über die Natur
bauen.
Im Ganzen darf man wohl sagen, dass die Auffassung der
Kunst, deren hauptsäehliehste Stichwörter im Vorigen wiederge-
geben sein dürften, unter den philosophischen Aesthetikern, den
durch sie geschulten Kunstkennern und dem von diesen beein-
flussten Laienpublioum bei Weitem vorherrseht. Dagegen fällt
nun freilich sehr ab, wie sich manche alte Künstler die Aufgabe
der Kunst dachten und dazu stellten. Bührend war mir in dieser
Beziehung, folgendes, für die realistische Auffassung charakteristi-
sche, Gesehichtchen zu lesen, was ich hier wörtlich wiedergebe:
nEilJ kunstfertiger Steinmetz in Speyer hatte ein schönes Bild
aus Marmor sauber und rein nach Kaiser Rudolph gehauen, dessen
überraschende Aehnlichkeit jeder, der es sahe, eingestand. Der
Künstler oder Meister war aber auch dem Könige lange nachge-
gangen und hatte so die Gestalt sich eingeprägt und abgenommen,
dass er selbst die Bunzeln des kaiserlichen Antlitzes gezählt hatte.
So stand das Bild manche Jahre; als der Künstler aber vernahm,
dass das Alter dem Herrn eine Runzel mehr gefureht hatte, machte
er sich auf bis ins Elsass, um den Kaiser selber wiederzusehen,
und als er die Sache richtig erfand, gieng er heim wieder gen
Speyor und überarbeitete sein Standbild von Neuem, dem Kaiser
getreulich und ähnlich. Später setzte man dieses Bild auf des
Kaisers Grabe (Ist in der Beimehronik von Ottokar besungen.)
Unstreitig nun kann man sagen: das war ein Steinmetz und
kein Künstler, und sein Werk kein wahres Kunstwerk, sondern
nichts mehr und besseres als eine steinerne Photographie. Aber
auch Albrecht Dürer geht ganz in den Sinn dieses Steinmetzen
ein, indem er erklärt: nDu sollt wissen, je genawer man dem Le-
ben und der Natur mit Abnehmen naehkummt, je pesser und
künstlicher dein Werk wirda, und Leonardo da Vinci giebt in
Kunstbl
1834