Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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Interesse der Wahrheit würde die Kunst an sich nicht hindern, 
Alles so wiederzugeben, wie es liegt, aber sie fasst ihre Ideen so 
und führt sie so aus, dass der Bedingung der einheitlichen Ver- 
knüpfung alles Einzelnen möglichst genügt wird. 
In der Wirklichkeit versteckt sich ferner das Wesentliche oft 
hinter dem Unwesentlichen, tritt das, an was sich das Interesse 
hauptsächlich knüpft, nicht in das Hauptlicht, bleiben Beziehungen, 
um die es zu thun ist, unklar; wir erfreuen uns aber der klaren 
Darstellung eines Bedners, der diesen Mängeln in seiner Darstel- 
lung abhilft, selbst wenn seine Rede einen Gegenstand betrifft, 
der uns an sich nicht interessirt, indess uns die unklare Darstel- 
lung des interessantesten Stoffes abstösst; wie es uns aber mit 
einer Rede geht, geht es uns mit jedem Kunstwerk. 
Noch Eins, was zwar nur nebensächlich ist, doch nicht ver- 
gessen werden darf. Nach Allem, was geltend gemacht worden 
ist, bewundert man auch den Künstler, der die schwierige und 
so selten ganz gelingende Aufgabe erfüllt hat, Alles am Werke zu 
einer vollendeten Leistung zu fügen, und in dieser Bewunderung 
des Künstlers liegt etwas, was sich zugleich als Freude an seinem 
Werke geltend macht. Bewundert man doch sogar Kraftkünstler 
und Seiltänzer wegen der Ueberwindung von Schwierigkeiten, 
die uns als solche erscheinen, und findet Vergnügen in der be- 
wundernden Anschauung solcher Leistungen, ungeachtet diese an 
sich zwecklos sind; um so leichter und lieber wird man den Künst- 
ler bewundern und Genuss in bewundernder Anschauung seines 
Werkes finden, wenn die Ueberwindung der Schwierigkeit einen 
Erfolg hat, der auch abgesehen von derUeberwindung derSchwie- 
rigkeit uns gefällt; nur muss man im Auge halten, dass diese 
Ueberwindung selbst mit_ zu den Momenten, die gefallen, zählt 
und sich mit den andern dazu hilft. 
Man sieht jedenfalls, dass mancherlei Momente zum Gefallen 
an einem Kunstwerke beitragen, die sich nicht klar und einfach 
nach den Kategorien von Form und Inhalt scheiden lassen. Es 
sind Momente, die in die künstlerische Darstellung jeder Art von 
Formen, der hässlichsten wie schönsten, so wie jeder Art von In- 
halt, des bedeutungslosesten wie erhabensten, eingehen, weder 
den Beiz der anschaulichen Form noch den Reiz des angeknüpften 
Inhaltes an sich angehen, wohl aber ihrem Reize, wo ein solcher
	        
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