Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

und sie lange oder oft wiederholt ansehen zu sollen, würde uns 
sogar widerstreben. Warum zieren nun doch Bilder der Art viele 
Stuben, ja wohl Stuben von Gehaltsiisthetikern selbst und gelten 
für Zierden von Gallerien. Nolhwendig muss ein andres Interesse 
sich hiebei geltend machen, als was der einseitige Gehaltsästhetiker 
in Anspruch nimmt. Aber was kann es sein? 
Nun wird zuvörderst dem Formästhetiker zuzugestehen sein, 
dass abgesehen von allem geistig angeknüpften Inhalt eine Art der 
sinnlichen Form- und Farbegebting mehr ansprechen kann als die 
andre (vergl. Abschn. XIII und XXVI), und dass ein Genrebild hierin 
ein Verdienst so gutalsjetles andre Bild suchen kann, wenn nur den 
Forderungen des angeknüpften Inhaltes nicht dadurch widersprochen 
wird. Aber was weit wichtiger ist, es giebt noch ein Interesse, 
was die anschauliche Form und den daran geknüpften Inhalt in 
Eins betrifft, also sich dem Entweder Oder der Formästhetiker und 
(iehaltsästhetiker entzieht, mag auch der erstere geneigter sein, es 
auf seine Seite zu schlagen. Jedenfalls wird man es besser ein 
formales als ein Form-Interesse nennen, um es nicht mit 
dem Interesse an der anschaulichen Form zu vermengen und zu 
verwechseln. Versuche ich, es mit drei, doch der Auslegung noch 
bedürftigen, Worten zu bezeichnen, so ist es das, in früher 
(Alaschn. VI, VII, VIII) besprochenen Principien begründete, In- 
teresse an Wahrheit, Einheit und Klarheit, was weit über 
das ästhetische Gebiet hinaus aber auch tief in dasselbe hineingreift. 
Genüge es, hier Folgendes in dieser Beziehung zurückzurufen. 
Jedes Bild hat die Aufgabe, etwas darzustellen, was, sei es in 
der Wirklichkeit sei es in unsrer Vorstellung, erstenfalls bestimmt, 
zweitenfalls mehr oder weniger unbestimmt schon vorgegeben ist. 
Wir freuen uns nach unserem Wahrheitsinteresse, wenn kein Wi- 
derspruch zwischen dem, was dargestellt werden soll, und der Dar- 
stellung im Bilde sich geltend macht, so mehr je grösser die Ge- 
fahr des Widerspruches ist. Die Wirklichkeit und eigene Vor- 
Stellung kann uns diese Freude nicht gewähren, weil dieselbe eben 
nur in einem Verhältnisse der Uebereinstimmung des 
Kunstwerkes damit beruht. 
In der Wirklichkeit liegt ferner viel zusammen, was sich für 
unsere Auffassung nicht unter einen einheitlichen Gesichtspunct 
fügt, aber wir haben Freude ander einheitlichen Verknüpfung des 
Mannichfaltigen, und danken der Kunst auch diese Leistung. Das
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.