Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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z. B. die bei astronomischen Beobachtungen bestehende Schwierigkeit oder 
Unmöglichkeit, den Schlag einer Uhr mit dem Durchgang eines Sterns durch 
den Faden des Fernrohrs gleichzeitig aufzufassen, nur auf Complieation der 
Gehörsvorsiellung des Uhrschlages mit Vorstellungen aus dem Gebiete der 
Sichtbarkeit, als wie der Uhr selbst, wenn nicht gar auf Störung von physio- 
logischer Seite her, beruhe.  3) Dass ungleicharlige (nicht disparate) Vor- 
stellungen, welche auf verschiedene Raum- oder Zeitpunete bezogen, im 
Bewusstsein zusammentreffen, sich nach Massgabe ihres Gegensatzes in der 
Deutlichkeit der Auffassung vielmehr beschränken als contraslmassig heben. 
 lt) Dass die Theilung der Aufmerksamkeit zwischen an sich gleichartigen 
Vorstellungen, vermöge deren jede minder deutlich aufgefasst wird, vielmehr 
auf Ungleichheiten der Lage u. dgl. als auf wirklicher Theilung der auffassen- 
den Kraft beruhe. -5) Dass eine Berücksichtigung physischer (physiologischer) 
Einflüsse auf das Psychische wohl so weit, aber nicht weiter, zugezogen wird, 
' als in unbestimmter Weise auf solche Einflüsse geschoben werden kann, was 
im reinen Vorstellungsleben zu vorigen Sätzen nicht passen will, ohne dem 
functionellen Abhängigkeilsverhältniss zwischen physischer und psychischer 
'l'hätigkeit in seiner ganzen Ausdehnung und mit Rücksicht auf die gesamintcn 
Erfahrungen gerecht zu werden. 
Dass Herbart mit der formell präcisesten Anwendung, ja 
Ilauptanwendung, die er überhaupt von seiner llemmungslehre 
auf ästhetische Verhältnisse gemacht, d. i. auf die musikalischen 
Consonanzen und Dissonanzen Y), Schiffbruch gelitten, wird man 
kaum mehr in Abrede stellen. Seine auf Exactheit Anspruch 
machende Auffassung und Darstellung dieser Verhältnisse und die 
diesen Anspruch befriedigende derselben Verhältnisse Seitens 
Helmholtz sind nämlich völlig disparat, lassen keine Zurückfilhrung 
auf einander zu, und die llerbartsche in ihrer wunderlichen Ge- 
schraubtheit erscheint dabei so sehr in Nachtheil, dass der, übrigens 
auf Herbart fcrtbauende, Zimmermann die Auffassung von llerbart 
gegen die von llelmholtz einfach hat fallen lassen.  
Nach Allem also halte ich die Frage nach einem allgemeinen 
Grunde der Lust und Unlust noch nicht erledigt, indem ich die 
von Andern darüber aufgestellten Ansichten unzulänglich finde, 
auch von der Hypothese aber, die ich selbst darüberaufgestellt, 
die sichre Begründung und klare Durchführbarkeit noch nicht dar- 
zuthun vermöchte. Immerhin glaube ich, sie einer fernem Be- 
achtung empfehlen zu dürfen. 
Ges. 
216.
	        
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