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mit an der Schönheit des Bildes, zurück und umgekehrt. Man kann
also nicht die von Beschäftigung mit dem Inhalte abhangende An-
dacht als einen Theil des Kunstgenusses selbst ansehen wollen.
Entsprechend mit der Wirkung jedes andern Inhaltes. Das wahre
Interesse an einem Kunstwerke als solchem, d. i. das Forminteresse,
ist überhaupt ein ganz eigenthümliches, mit sonst nichts vergleich-
bares, Interesse, und um diess Interesse wirksam zu erzeugen und
zu befriedigen, muss die Form die eigenthümliche Wirkung des
Stoffes vielmehr aufheben als heben. Ein Bild, was eine traurige
Scene darstellt, hat uns nicht traurig zu machen, ein Bild, was
eine schreckliche Scene darstellt, uns nicht zu erschrecken; ist es
der Fall, so ist es ein schlechtes Bild. Ein Bild, was eine heitre
Scene darstellt, soll freilich die allgemeine Heiterkeit erwecken,
welcher jedes Kunstwerk überhaupt, auch das mit dem ernstesten
Inhalte, zu erwecken hat, indem es den Spieltrieb unsrer Phantasie
oder Einbildungskraft beschäftigt und befriedigt, aber eben nur
diese, nicht die besondere Art der Heiterkeit, die in der Scene
spielt, in uns erwecken, die vielmehr zurückzutreten hat, um jener
Platz zu machen.
Mit Vorigem meine ich, wesentlich erschöpft zu haben, was
Seitens der Form-Aesthetiker hier und da zur Stützung ihrer An-
sicht von der Kunst geltend gemacht wird, und habe es möglichst
mit den gemeinhin dazu gebrauchten Ausdrücken zu thun gesucht.
Dabei bleibt noch gründlich unklar, wie eigentlich Form und Inhalt
gegen einander abzugränzen sind, was doch nicht meine Schuld
ist, da der Streit zum grössten Theile eben auf dieser Unklarheit
und der Unbestimmtheit, die factisch in dieser Beziehung besteht,
beruht. Was aber wird der Gehalts-Aesthetiker gegen die vorigen,
bei aller begrifflichen Unbestimmtheit doch wesentlich sachlich
durchschlagend scheinenden, Betrachtungen des Form-Aesthetikers
erwidern können? Ich denke, so weit ich ihn im Rechte halte,
Folgendes:
Wenn man im Ausgangsbeispiele zum Inhalte des Gemäldes
gegenüber seiner Form nichts rechnet, als den abstracten Gedan-
ken, dass Bacchus dem Amor einen Trank reicht, so kann die
Herabsetzung des Werths des Inhaltes für die Kunst selbstverständ-
lich erscheinen. Nichts Andres aber macht doch jene Formen in
höherem Sinne schön, als dass uns Jugend, Lebensfülle, höheres
Behagen, Freiheit und Leichtigkeit der Bewegung daraus an-