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folges, was wir also als Vorstellung von Lust bezeichnen, über-
haupt lustvoll, die Vorstellung eines unlustvollen Zustandes oder
Erfolges unlustvoll sei; und dann würden wir ein sehr leichtes
Mittel haben, uns durch Vorstellung lustvoller Zustände oder Er-
folge in lustvollen Zustand zu versetzen. Aber nicht nur, dass
diess Mittel in Wirklichkeit Wenig Stich hält, so steht auch ent-
gegen, dass wir uns an vergangenes Glück ebensowohl mitUnlust,
dass es vergangen ist, als mit Lust, dass wir es genossen haben,
erinnern, und die Lust eines Andern eben so wohl mit der Unlust
des Neides als der Lust der Mitfreude in die Vorstellung aufnehmen
können. Wonach der Satz, dass die Vorstellung von Lust stets
lustvoll, von Unlust stets unlustvoll sei, nicht einfach zuzugeben ist.
Inzwischen enthält dieser Satz ein wahres Grundmoment,
welches sich dem allgemeinen psychologischen Gesetze unterord-
net, dass jede Vorstellung einer bestimmten Empfindung respective
der Umstände, Welche eine solche für uns mitgeführt haben, um
so sichrer einen Abklang dieser Empfindung ins Bewusstsein ruft,
je lebhafter die Vorstellung ist, indess dieser Abklang bei nicht
hinreichend lebhafter Vorstellung unter der Schwelle bleiben kann.
Diess gilt dann auch von der Vorstellung der Lust und Unlust, und
beweist sich u. a. darin, dass sich unsere Phantasie allgemein-
gesprochen lieber lustvolle als unlustvolle Zustände vorstellt,
gleichviel ob ihnen etwas in Wirklichkeit entspricht, und der
Mensch eben so allgemeingesprochen lieber Freude als Leid
um sich sieht, auch wenn er selbst persönlich nicht dabei interessirt
ist. Ja, das ästhetische Associationsprincip hat wesentlich darauf
zu fussen, dass die Association des Lustvollen oder Unlustvollen
selbst lustvoll oder unlustvoll ist. Aber ausser diesem Grund-
moment, was ich kurz so nenne, kommt ein andres Moment
wesentlich in Betracht, was ich die Vorstellung des positiven oder
negativen Bezuges der Lust oder Unlust zu uns, oder kurz das
Bezugsmoment der Vorstellungslust und Unlust nennen will, ein
Moment, was ebensowohl gleichsinnig als widorsinnig mit dem
Grundmornent sein kann, und in der Regel dessen Leistung über-
bietet, so dass sich allgemeingesproehen das Dasein des Grund-
momentes nur in dem oben besprochenen Vorwiegen einer ge-
wissen Richtung der ästhetischen Erfolge beweisen kann.
Das Gesetz oder Princip, um was es sich dabei handelt, ist
dieses.
F e c h ne r, Vorschule d. Aestheti