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lst er aber selbst schon vorher im Sinne der Lust oder Unlust ge-
stimmt; so coniplicirt sich die Tendenz oder der Effect der Ueber-
tragung der Stimmung von anders her mit dem der Einstimmigkeit!
oder des Widerstreites gegen die schon vorhandene Stimmung.
Ist der Lustige lustig gestimmt, so wird seine Lust durch eine
lustige Umgebung aus dem doppelten Gesichtspunct gefödert, dass
sich zu der, die er schon hat, ein Zuwachs durch Uebertragung
aus der Umgebung fügt, und dass dieser Zuwachs seine Ein-
Stimmung mit der, die er schon hat, beweist, wovon wir das Letzte
als formalen, das Erste als sachlichen EfTect bezeichnen. Hiegegen
wird seine Lust durch eine traurige Umgebung eben so aus doppel-
tem Gesichtspuncte gemindert. ln beiden Fällen geht der formale
Effect mit dem sachlichen in gleicher Richtung. Hiegegen entsteht
bei dem Traurigen beidesfalls ein Gonüict zwischen beiden Rich-
tungen, sofern sich von einer lustigen Umgebung Lust auf ihn
überzupflanzen, hiemit seine Unlust zu mindern, strebt, diess aber
durch Widerspruchmit seiner schon vorhandenen Stimmung Un-
lust in ihm erweckt, eine traurige Umgebung aber in ihrer Ein-
stimmigkeit mit seiner Stimmung ihm zusagt, aber ihn um so mehr
in seine traurige Stimmung versenkt. Nach Umständen kann der
formale oder sachliche Effect bei ihm im Sinne der Lust oder Un-
lust überwiegen. Im Allgemeinen aber pflegt zuerst der formale
zu überwiegen.
Wegen des sachlichen Eüectes vermeidet zwar der Mensch,
der sich nicht selbst in einer traurigen Stimmung befindet, gern
eine traurige Umgebung und wird leicht von den Klagen Andrer
belästigt, kann aber doch Gefallen an einem Liede oder einer Musik,
welche Trauer ausdrücken, finden, ohne dass sie zum Ausdrucke
einer wirklich gegenwärtigen eigenen oder fremden Trauer dienen,
indem er die Vorstellung einer solchen als möglich überhaupt hat.
Es gefällt ihm dann ein solches Lied oder eine solche Musik ver-
möge des formalen Effectes der Zusammenstimmung des Aus-
druckes mit der vorgespiegelten Stimmung und vermöge des musi-
kalischen Reizes um so mehr, je wahrer und inniger ihm dadurch
der Ausdruck der doch nicht gerade vorhandenen Trauer getroffen
scheint, und es kann ihn ein trauriges Lied bei gleicher Kunst des
Ausdruckes wegen Wegfall der Complication mit einem sachlichen
Unlusteflecte nicht minder ansprechen, als ein heiteres. Ueber-
haupt ordnet sich das, was schon Th. I. S. 1168 f. über den Ein-