235
ist, als bei der umgekehrten negativen Fortschrittsrichtung, was
man, wenn man will, so repräsentiren kann, dass durch die posi-
tive Fortschrittsrichtting eine secundäre Lust, durch die negative
Richtung eine secundäre Unlust entsteht, welche das mittlere Be-
sultat beider Fälle vergrössert oder verkleinert, ja selbst eine Um-
kehr desselben bewirken kann. Hiebei kann sich die Folgewirkung
der ersten auf die zweite Quelle entweder unbewusst oder auch
durch bewusste Erinnerung forterstrecken. In jedem Falle aber
muss man, um das Gesetz unter allen Umständen bestätigt zu
finden, von der schon oben besprochenen Complication abstrahiren,
welche darin liegt, dass durch den ersten Reiz die Empfänglichkeit
für den zweiten von gleichem Sinne in gewisser Weise abgestumpft,
für einen solchen von entgegengesetztem Sinne in gewisser Weise
erhöht ist.
Wie leicht ersichtlich hängt diess Gesetz so mit dem vorigen
zusammen. Sei es, dass Lust oder Unlust zuerst eintritt, so kann
sie nicht den vom Gontrast mit der folgenden Lust oder Unlust
abhängigen steigernden oder vermindernden Einfluss erfahren,
wohl aber ist diess bei der später eintretenden bezüglich der früher
eintretenden der Fall, vorausgesetzt, dass die oben angegebenen
Bedingungen der Contrastwirkung überhaupt erfüllt sind, was hier
überall vorausgesetzt wird. Geht nun grössere Lust voran, und
folgt kleinere Lust oder gar Unlust nach, so wird eine Abminderung
der zweiten Lust oder Verstärkung der Unlust durch den Contrast
mit der ersten grösseren Lust stattfinden; ist die Folge umgekehrt,
so wird die erste kleinere Lust unvermindert oder erste Unlust
nnverstärkt eintreten, die zweite grössre Lust aber durch den Con-
trast damit verstärkt.
Im Sinne des jetzigen Gesetzes ist es, dass zu Gebote stehende
Genussmittel, seien es sinnliche oder höhere geistige, vielmehr
im positiven als negativen Sinne des Fortschrittes zu verwenden
sind, also nicht der stärkere sondern der schwächere Genuss vor-
weg zu nehmen ist, und dass, wenn Jemandem etwas Unan-
genehmes und etwas Angenehmes zu erzeigen ist, das Erstere nicht
das Letztere vorauszugehen hat. i
Im Falle der Steigerung eines Genussmittels ist es zweckmässig,
die Steigerung weder zu früh noch zu spät eintreten zulassen; denn
eine momentane oder sehr kurze Dauer eines Genusses hinterlässt
überhaupt keinen erheblichen und nachhaltigen Contrasteindruck.