Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

233 
Sehwellengesetz tritt auch hier in Kraft. b) Die beiden Factoren 
müssen nicht schlechthin unvergleichbar sein, vielmehr tritt die 
Contrastwirkung nach Massgabe stärker ein, als die Factoren ab- 
gesehen von dem contrastirenden Momente gleicher sind, sofern 
hiemit eine stärkere oder ungestörtere psychische Beziehung zwi- 
schen ihnen vermittelt wird. c) Bei successiven Eindrücken kann 
die Gontrastxivirkung sich blos an dem zweiten, nicht dem ersten, 
äussern. 
Vom Umstande b) hängt ab, dass ästhetische wie nicht ästhe- 
tische Contrastwirkungen zwar im Gebiete der- Farben wie Töne, 
aber nicht zwischen Farben und Tönen auftreten, und uns ein 
schlechtes Bild zwar um so mehr missfallen kann, wenn wir es 
mit einem guten Bilde, aber nicht, wenn wir es mit einer guten 
Musik vergleichen. Zur Erläuterung von c) kann die Erinnerung 
dienen, dass eine Pause in einer rauschenden Musik einen starken 
Eindruck der Stille durch ihren Contrast mit dem vorherigen 
Rauschen machen kann, der ohne das vorherige Rauschen gefehlt 
haben wurde, ohne aber auf einen verstärkten Eindruck des vorigen 
Rauschens rückwirken zu können. 
Unser Princip kann scheinbare Ausnahmen erleiden. Wenn 
ich eine süsse Speise geniesse, die mir wohl schmeckt, und nach- 
her eine noch süssere, die mir noch besser schmeckt, so wird doch 
durch den vorgängigen Genuss der minder süssen die Empfänglich- 
keit schon in gewisser Weise abgestumpft sein, und der zweite 
Genuss durch das Vorausgehen des ersten schwächeren nicht ge- 
wachsen sein, sondern abgenommen haben; aber das ist Sache 
einer Complication des Gesetzes der Abstumpfung mit dem Gesetze 
des Contrastes. Hätte ich statt des Genusses einer minder süssen 
Speise den einer gleich süssen vorausgehen lassen, so würde die 
Schwächung des zweiten Genusses sogar noch grösser gewesen 
sein, nicht nur weil die Abstumpfung durch den ersten dann noch 
grösser sein würde, sondern auch, weil der Contrast wegfiele; 
und wäre gar die süssere Speise vorangegangen, so würde sich 
die verstärkte Abstumpfung mit der Contrastwirkung zur um so 
grösseren Schwächung des zweiten Genusses vereinigen. Einer 
entsprechenden Analyse des Erfolges wird es überall bedürfen, 
wenn ein schwächerer und stärkerer Genuss sich in einer oder der 
andern Richtung folgen.  
Ein ästhetischer Contrast zwischen unserem eigenen Lust-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.