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sich empfiehlt, wo Reinlichkeit sich wirklich aufrecht hallen lässt,
so sehr ist es verpönt in allen Fällen, wo es nicht möglich ist, sie
zu halten. Wonach ein Mann in weissen Stiefeln absurd erscheinen
würde
und
selbst eine Frau oder ein Mädchen weisse Allasschuhe
nur als Ballschuhe trägt. Daher, nach einer Bemerkung von
C. Hermann, zwar Stubenthüren aber nicht dem Strassenstauhe
und Schmuze ausgesetzte Hauslhüren weiss sein dürfen.
Nun freilich machtWeiss ausser dem Eindrucke der Reinlich-
keit und Reinheit, auch den der lndifferenuwomit der der Einfalt
nahe verwandt ist; und schon um der Gefahr solcher Deutung zu
entgehen, kleidet sich eine Frau von Welt in Gesellschaft lieber
farbig, kehrt aber im häuslichen Morgen- und Abendneglige gern
zu Weiss zurück, was hienach für die Frau so zu sagen dasselbe
ist, als das Grün für die Pflanze, woraus und worüber die Farben
nur zeitweise auszublühn haben.
XXXVI. Vorbemerkung zu einer zweiten Reihe
ästhetischer Gesetze oder Principe.
Ich habe eine Reihe ästhetischer Gesetze oder Principe ziem-
lich an den Eingang dieser Schrift gestellt und schliesse dieselbe,
abgesehen von dem zuletzt stehenden Anhangsabschnitte, mit einer
solchen. In einer systematischen Aeslhetik wären sämmtliche Ge-
setze im Zusammenhange, also hinter einander, abzuhandeln ge-
wesen; aber es wäre schwer gewesen, eine Ermüdung dadurch zu
vermeiden; und nach dem ausgesprochenen Plane dieser Schrift.
war es auf systematische Folge darin überhaupt nicht abgesehen.
Also habe ich nur einige der wichtigsten Gesetze vorangestellt, und
in den wichtigsten Anwendungen zu verfolgen gesucht; indem sie-
sich aber dabei nicht nur unter einander, sondern auch mit noch
andern Gesetzen verwickeln, ist dieser andern Gesetze bisher nur
gelegentlich gedacht worden, in so weit sich Anlass dazu darbot.
Dabei konnte sich doch das Bedürfniss einer etwas eingehenderen
Besprechung derselben fühlbar machen, und eine solche lasse ich