Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

227 
den Farben, die sich wechselseitig heben, sich am bessten als 
Unterlage eignen, die eigenthümliche Wirkung von Farben und 
Farbencontrasten zur Geltung zu bringen; und sofern Schwarz 
dazu auch des quantitativen Helligkeitsreizes ermangelt, tritt auf 
seinem Grunde das Lichte erst recht ins Licht. Nichts prächtiger 
als ein sternenheller Nachthimmel, als ein silbergestiektes schwar- 
zes Sammtkleid. Glanzloses Weiss auf Schwarz freilich sieht viel- 
mehr traurig aus, weil der Gontrast nicht hinreicht, dem Weiss die 
Kraft des Glanzes zu gehen; vielmehr haben wir dann zwei Oeden 
für das Auge statt einer. 
YVenden wir uns zur associativen Wirkung, so tritt Schwarz 
bemerktermassen bei uns vorzugsweise mit der assoeiativen Be- 
deutung der Trauer auf. Ein schwarz ausgeschlagenes Zimmer, 
eine schwarze Fahne über dem Hause, das schwarze Behänge eines 
Pferdes, der schwarze Flor um den Hut eines Mannes, die schwarze 
glanzlose Tracht einer Frau machen überall den Eindruck einer 
solchen. Das hängt natürlicherweise zunächst an der gewohnten 
Verwendung des Schwarz als Zeichen der Trauer; diese Verwen- 
dung selbst aber erscheint passend aus zwei Gesichtspuncten, die wir 
kurz als sympathischen und symbolischen unterscheiden können, 
aus sympathischem insofern, als die Trauer um Abgeschiedene den 
Menschen veranlasst, in sich einzukehren; das thut das Schwarz 
auch; ja es stimmt das Auge selbst auf die Länge traurig, und gern 
lässt eine trauernde Seele die Sinne mit sich trauern: aus symbo- 
lischem, sofern die Nacht des Auges an die Nacht des Todes und 
umgekehrt erinnert. Soll es aber Schwarz nicht sein, womit man 
trauert, so wird man Weiss oder eine der receptiven Farben dazu 
vor den activen geeignet finden können, wie solche wirklich unter 
Umständen dazu dienen; so lese ich, dass die Chinesen und die 
Königinnen von Frankreich weiss, die Cardinäle violet, die Juden 
blau trauern, indess die Römer und Hellenen gar keine eigentliche 
Trauerfarbe hatten. 
Es macht aber doch Schwarz auch bei uns nicht überall den 
Eindruck der Trauer; indem es wesentlich auf mitbestimmende 
Umstände dabei ankommt. Weder das schwarze Feierkleid des 
Mannes, noch das schwarze Sammet- und Seidenkleid einer Frau 
gewähren den Eindruck der Trauer, indem die andre Gonvention, 
oder der andre Accent, den die Kostbarkeit oder der Glanz des 
Stoffes giebl, die associative Bedeutung ändert. 
45er
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.