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reizt noch durch Mangel hinreichender Beschäftigung unbefriedigt
fühlt. Frauen lieben verhältnissniiissig mehr receptive und reiner
reeeptive Anregungen als Männer, hingegen Kinder Verhältniss-
massig mehr active als Erwachsene.
Weiter kommt in Betracht, dass die Farben sinnliche An-
regungsmittel sind, und auch das Bedürfniss sinnlicher Beschäf-
tigung ist verschieden, tritt im Allgemeinen mit zunehmendem
Alter, zunehmender Bildung, zunehmender Neigung zur Einkehr
in sich selbst. gegen den Reiz höherer associativer und rellectiver
Beschäftigung zurück.
Endlich verlangt der Mensch überall einen gewissen Wechsel
der Reize, also auch der Farben, um der Unlust zu entgehen, die
jede Monotonie mit führt; aber er kann doch aus den aufgestellten
Gesichtspunkten gewisse Farben in verhältnissmässig grösserer
Ausdehnung und länger vertragen als andre, ohne sich überreizt
oder durch mangelnden Beiz unbefriedigt zu fühlen, und nicht
nur bietet die Natur seinem Auge in dieser llinsieht von selbst
mannichfache und wechselnde Verhältnisse dar, sondern er kann
sich auch je nach seinem ästhetischen Farbebetlürfnisso unter Mit-
bestimmung durch den associativen Factor des Eindruckes ver-
schiedene Verhältnisse in dieser llinsieht verschaffen, wobei be-
sonders Kleidung und Wohnung, als nächste Fortsetzungen des
iiusseren Menschen, in Betracht kommen, wenn es gilt, seine Lieb-
haberei in Farben zu befriedigen. Zwar wird seine Wahl in
dieser llinsieht nicht blos durch das ästhetische Bedürfniss be-
stimmt, vielmehr manche Farbe nur gewählt, weil sie auf einen
Quadratfuss einen halben Kreuzer weniger kostet, und manche, weil
sie diesem oder jenem äussern Zweck entspricht, der Geschmack
des Einzelnen auch durch die ewig wechselnde mehr oder weniger
nivellirende Mode theils mitbestimmt, theils überwunden; doch
hindert das Alles nicht, dass die ästhetische Wirkungsweise und
hienach Wahl der Farben aus den aufgiestellten Gesiehtspuncten in
grossen Zügen durchgreift, und der Mode selber bis zu gewissen
Gränzen Zaum und Zügel anlegt; an Einzelnheiten muss man sich
freilich nicht halten und nicht stossen.
Diesen zillgemeinen Gesichtspuncten dürfte sich so ziemlich
Alles unterordnen lassen, was sich überhaupt Allgemeines über
die directe äisthetischc NVirkttng der verschiedenen Farben sagen
lasst. Möglich freilich, dass auch ldiosynkrasien, die unter bisher