Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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reizt noch durch Mangel hinreichender Beschäftigung unbefriedigt 
fühlt. Frauen lieben verhältnissniiissig mehr receptive und reiner 
reeeptive Anregungen als Männer, hingegen Kinder Verhältniss- 
massig mehr active als Erwachsene. 
Weiter kommt in Betracht, dass die Farben sinnliche An- 
regungsmittel sind, und auch das Bedürfniss sinnlicher Beschäf- 
tigung ist verschieden, tritt im Allgemeinen mit zunehmendem 
Alter, zunehmender Bildung, zunehmender Neigung zur Einkehr 
in sich selbst. gegen den Reiz höherer associativer und rellectiver 
Beschäftigung zurück. 
Endlich verlangt der Mensch überall einen gewissen Wechsel 
der Reize, also auch der Farben, um der Unlust zu entgehen, die 
jede Monotonie mit führt; aber er kann doch aus den aufgestellten 
Gesichtspunkten gewisse Farben in verhältnissmässig grösserer 
Ausdehnung und länger vertragen als andre, ohne sich überreizt 
oder durch mangelnden Beiz unbefriedigt zu fühlen, und nicht 
nur bietet die Natur seinem Auge in dieser llinsieht von selbst 
mannichfache und wechselnde Verhältnisse dar, sondern er kann 
sich auch je nach seinem ästhetischen Farbebetlürfnisso unter Mit- 
bestimmung durch den associativen Factor des Eindruckes ver- 
schiedene Verhältnisse in dieser llinsieht verschaffen, wobei be- 
sonders Kleidung und Wohnung, als nächste Fortsetzungen des 
iiusseren Menschen, in Betracht kommen, wenn es gilt, seine Lieb- 
haberei in Farben zu befriedigen. Zwar wird seine Wahl in 
dieser llinsieht nicht blos durch das ästhetische Bedürfniss be- 
stimmt, vielmehr manche Farbe nur gewählt, weil sie auf einen 
Quadratfuss einen halben Kreuzer weniger kostet, und manche, weil 
sie diesem oder jenem äussern Zweck entspricht, der Geschmack 
des Einzelnen auch durch die ewig wechselnde mehr oder weniger 
nivellirende Mode theils mitbestimmt, theils überwunden; doch 
hindert das Alles nicht, dass die ästhetische Wirkungsweise und 
hienach Wahl der Farben aus den aufgiestellten Gesiehtspuncten in 
grossen Zügen durchgreift, und der Mode selber bis zu gewissen 
Gränzen Zaum und Zügel anlegt; an Einzelnheiten muss man sich 
freilich nicht halten und nicht stossen. 
Diesen zillgemeinen Gesichtspuncten dürfte sich so ziemlich 
Alles unterordnen lassen, was sich überhaupt Allgemeines über 
die directe äisthetischc NVirkttng der verschiedenen Farben sagen 
lasst. Möglich freilich, dass auch ldiosynkrasien, die unter bisher
	        
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