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Kurz bezeichnen wir die gemeinsam von beiden Seilen, der
Helligkeit und dem Charakter des Eindruekes, aibhangige Starke
der lärregung, welche eine Farbe gewahrt, als Kraft der Farbe.
Schwarz ist an sich überhaupt kraftlos, weil ihm sowohl die Hellig-
keit als Farbe fehlt; wer kann sich vom Blicke in eine stoekfinstre
Nacht oder vom Schwarz des Gesichtsfeldes bei geschlossenen Augen
angeregt finden; die nichts weniger als unkraftige Wirkung des
Con t r a stes von Schwarz mit Weiss aber betrachten wir nicht,
da wir hier überhaupt Contrastwirkungen nicht betrachten.
Zur Erläuterung des gegensätzlichen Eindruekes, den die Er-
ganzungsfarbcn auf uns machen, dürfte die Erinnerung an einen
analogen Gegensatz im 'l"ongebiete etwas beitragen.
Nehmen wir ein Lied, was Sehnsucht oder Trauer ausdrückt,
oder einen amdachtigcn Choral, und gegenüber einen 'l'anz oder
kriegerischen ltlarseh; beidesfaills finden wir uns receptiv, d. i. von
Aussen nicht von Innen heraus angeregt, und es kann sein, dass
wir uns laeidcsfalls mit gleicher Intensität angeregt finden; aber die
erste Anregung geht ganz in Erweckung rein receptiver Stimmung
auf; heisse sie daher auch eine rein receptive Erregung; die
zweite führt eine Anregung zur 'l'häitigkeit nach Ausscn mit sich
oder ist geneigt, in aetive Erregung umzuschlzagen, und wir messen
ihr daher einen mehr aufregenden Charakter bei; heisse sie daher
auch eine tiufregende oder aetive Erregung. Ist eine aetive Er-
regung schon irgendwie vorhanden, so kann sie durch einen Ein-
druck erster Art herabgcstinnnt, gesänftigt, und unter Umständen
selbst in einen rein reccptiven Eindruck umgewandelt werden,
umgekehrt eine rein reeeptive Erregung durch einen Eindruck
zweiter Art in einen activen übergehen.
Nun ist Roth, Orange, Gelb bei gleicher Sättigung, Reinheit,
Beleuchtung f) nicht nur intensiv c r erregend als Grünlichblau,
Blau und Violet, sondern es tragt auch die lürregung Seitens der
erstern Farben einen mehr aetiv en, aufregenden , Seitens
der letzteren einen mehr recep ti v e n Charakter, wonach wir der
Kürze halber erstere Farben schlechthin als a etive, letztere als
receptive, oder, nach der Gebrauchsweise der Maler, erstere
i") Vorausgesetzt, dass diese sich nicht dem Dunkel nüherl, wn die
Ilelligkeitsverlnüllilisse der Farben andre Werllne als bei lälgesbcleuelnlung
annehmen , und z. B, Blaiu bei zunehmendem Dunkel länger Sichtbar bleibt
als Both.