Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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ser Seite her aiber kann das Auge und dadurch die Seele starker 
oder schw'äcl1ei' erregt werden ; wie denn Roth bei gleicher llellig- 
keit intensiver erregend wirkt, als jede andre Farbe. Kurz kann 
man sagen: Farbenreiz ist etwas Andres als Ilelligkeitsreiz. Kinne 
Erregung Seitens der Helligkeit allein in Betracht, so müsste man 
erwarten, da jede Farbe blos einen Bruchtheil des wcissen Lichtes 
enthält, an Ilelligkeit also blos einer gewissen Stufe des Grau gleicht, 
dass auch ihr Reiz auf die Seele nicht starker Ware, als der Reiz 
dieses Grau; denr widerspricht aber die Erfahrung. Vielmehr lasst 
sich behaupten, dass unter einer, den Farben und dem Weiss 
gleichen, Beleuchtung,  und gleiche iiussere Beleuchtung ist über- 
haupt zur Vergleichbarkeit der NVirkung verschiedener Farben vor- 
ausgesetzt  der Sinn durch jede nicht zu dunkle Farbe sogar 
starker aingeregt, beschäftigt wird, als durch das doch hellere 
Weiss, so lange dasselbe nicht durch Glanz (spiegelnde Zurückwer- 
fung)verstürkt und gehoben ist, vollends also mehr als durch ein mit 
der Farbe gleich hellesGrati. Man vergleiche z. B. den Eindruck eines 
farbigen Kleides, einer farbigen Wand mit dem eines grauen Kleides, 
einer grauen Wand unter denselben Beleuchtungsverhiiltnissen. 
Den Grund davon kann man ilarin linden", dass das Weiss und 
tirau mit ilem Gleichgewicht der darin versclnnolzenen Fanjben 
wirken, indess jtßtltllllilldll mit ihrem eigenthüniliehen BOlZU uneom- 
[iensirt in das Auge greift. ln der 'l'hat aiber zeigen Farben, die 
sich im Zusannnentiwrllirn zu NVciss ergänzen, sog. Erganzungs- 
farben, wie Roth und Blaugrün, Orange und Grilnblail, Gelb und 
Ultramzirinblati, Grüngell) und Violet, je nach ihrer grösstvrirNiiht- 
am mindest brechbaren oder am  Ende des Speetrum, 
timnittielbar einen gewissen Gegensatz des (lharakters, WUVOI] 
unten zu sprechen; und so haben wir mittlen Farben im Gebiete des 
Gesicht-ssinnes einen analogen Fall, als mit chemisch ilillerenlen 
Sloliirn im Gebiete des Gesehmackssinnes. Das aus Ergänzungs- 
farben zusammengesetzte Weiss verhalt sieh zum Gesicht wie das 
aus Saure und ätzenden] Alkali zusammengesetzte Salz zum (Ja- 
schmaek. Der Geschmack der Saure und des Alkali ist im Salze 
zur [ndillerenz aufgehoben, und so schmeckt das Salz viel weniger 
stark als die Säure und das Alkali, woraus es DCStGlIt, doeh noch 
Viel starker als reines Wasser. Eben so ist im Weiss der Farben- 
gegensatz geschwunden; (lUCll reizt es das Auge immer noch viel 
starker als das lielillosi- Schwarz.
	        
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