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sei es nach historischer oder andrer Beziehung eintreten zu wollen,
wozu mir hinreiehendie Vorstudien fehlen, bezwecken die folgenden
läemerkungen nur, einem persönlichen Fdndruck mit einigen sich
ilaran knüpfendirn principiellen Gesiehtspunclcn Ausdruck zu gehen.
lm Genuesischen und längs der Riviera di levante sieht man
viele Eiusserlich mit einer Mehrheit von Farben, zum Theil bunt
genug gctünchte, Iliiuser. Sie haben mir meist den Eindruck
der Geschmaeklosigkeit gemacht; doch inleressirten in gewisser
Weise durch den heitern Anstrich, den ihnen die Farbe verlieh,
sowie die Mannichfaltigkeit, die sich zwischen den verschiedenen
lliiusiarn ausprägte; und es schien mir, dass wenn ein, nur sehr un-
vollkommen dabei zur Geltung gebraehtes, Princip, was sich doch
von vorn herein als das natürlichste und fast selbstverständliche
aufilringt, methodisch entwickelt und rlurchgebildet würde,
auch eine Kunst der Häuserbemalung entstehen könnte, welche
ästhetischen fiewinn bringt. Das Princip nämlich, dass die Ver-
sehiedenheit der fiärhung oder Schattirung in Zusammenhang mit
der Verschiedenheit der architektonischen Theile zu halten, wonach
z. B. Pfeiler, Pilaster, Säulen, Pfosten anders zu coloriren oder zu
schattircn, als Siinse, Architrave, beide anders als die YVandfltiche,
Gebälk anders als Füllungen, das Kapitel! von Säulen und Pilastern
anders als der Stamm, der Unterbau des Gebäudes anders als der
Oberbau, Verzierungen anders als die verzierten Theile; wobei
übrigens in der Speeialisiirung und Abstufung der Färbung mehr
oder weniger weit, zum Theil selhst blos auf Unterschiede von
Heller und Dunkler gegangen werden könnte. Jedenfalls scheint
diess Princip insofern die günstigsten ästhetischen Bedingungen zu
vereinigen, als (ladurch zugleich der Organismus der Baulichkeit
in erfreulicher Klarheit sich auspräigt, und eine anmuthende Man-
niehfaltigkeit in einheitlicher Verknüpfung durch den Plan des Ge-
bäudes entsteht. Die Monotonie und unterschiedslose hiemit ehe-
rakterlose äussere Behandlung der ganzen Aussenseite der Gebäude
ist eslja hauptsächlich, was man unsrer Architektur vorwerfen
kann; und diesen Mängeln wäre in vorigem Wege abzuhelfen.
Diess Princip reicht nun freilich für sich nicht aus, denn es
fragt sich noch, llilCll welchem Princip die Wahl der Farben zu
treffen. lliebei werden meines Erachtens verschiedene Gesichts-
puncte an die Spitze treten und hienzich verschiedene Systeme der
Colorirung möglich sein, die sich vielmehr ergänzen, als aus-
Fechngy, Vorschule a, Aesthetik. n. 44