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Beleuchtung darzustellen. Dazu Folgendes: Will der Künstler
durchsichtige Farben auf die Statue anwenden, so scheint die Tex-
tur und respcctive Färbung des Marmors, Gypses, Erzes, Holzes
durch; Will er dickere Deckfarben anwenden, so litte die Feinheit
der plastischen Ausführung dadurch eben so wie durch jeden An-
strich überhaupt; und er müsste streng genommen gleich bei Aus-
arbeitung der Gestalt selbst eine corrigirende Rücksicht darauf
nehmen, wie er aber auch sonst solcher Rücksichten nicht unge-
wohnt ist, indem er z. B. die Züge einer Büste oder Statue aus
dunkelm Erz tiefer ausarbeitet, als einer solchen aus weissem Mar-
mor, weil die minder scharf hervortretende Schattirung auf ersterer
die Züge an sich verhältnissmäissig weniger tief ausgearbeitet er-
scheinen lasst.
Wie Weil diese Schwierigkeiten in Anschlag kommen können,
und 0b sich ihnen nicht vielleicht, noch andere leehnischerseits
zugesellen, vermag ich freilich nicht zu beurtheilen; es müsste
das der Erörterung eines Fachkünstlers unterliegen.
Nach Allem wird es sich darum handeln, folgende Fragen zu
entscheiden.
Hängt es an psychologischen Gesetzen, dass ein ästhetischer
Vortheil selbst mit vollendetster naturwahrer Colorirung von Sta-
tuen überhaupt nicht zu erzielen ist, und welches sind diese
Gesetze? Meinerseits vermag ich solche Gesetze nicht zu finden.
Oder liegen technische Schwierigkeiten der Verbindung von
Form und Farbe vor, welche es zu vollendeten Leistungen darin
gar nicht kommen lassen, und die Forterhaltung einer Trennung
beider räthlich erscheinen lassen. Das ist möglich und bedarf
sowohl noch weiterer Erörterung als Versuche; doch würde ich
glauben, die Schwierigkeiten müssten wenigstens so weit zu über-
winden sein, dass das, was sie noch zu Wünschen übrig lassen,
vollends durch die Kunstgewöhnung, die so Vieles überwinden
lasst, überwunden werden könnte, halte also nicht für wahrschein-
lich, dass diese Frage wesentlich zu bejahen.
Oder endlich ist nicht eine Kunst bemalter Statuen, und zwar
(abgesehen von untergeordneten stilistischen Büeksichten) natur-
wahr bemalter Statuen als wirklich zu Recht bestehend anzusehen,
und eine befriedigende Verwirklichung derselben von der Zukunft
noch zu erwarten. Diess halte ich für wahrscheinlich, da sich
Gründe für die bisherige Verwerfung leichter finden, als die bisher