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dass etwas Entscheidendes darin zu finden Dazu müsste erst
mindestens ein nach Seiten der Sculptur und Malerei gleich vollen-
detes Werk vorliegen, wie es in jenem Kopfe Philipps II. vorgele-
gen haben soll, und der etwaige Widerstand der Gewöhnung da-
gegen in Rechnung gezogen werden. Denn das freilich liegt auf
der Hand, dass, wenn uns eine in der Form vollendete Statue mit
Farben a nges trieben entgegentriite oder das Colorit hinter der
Vollendung der Form nur zurückbliebe, wir die Farbe vielmehr
störend als hebend empfinden müssten, und nur denselben Ein-
druck davon erhalten könnten, als wenn wir eine schöne Zeichnung
durch schlechte Colorirung verdorben fänden.
llier aber liegt die grosse Schwierigkeit, überhaupt zuliingliche
Proben zu machen. Um es zu einer gleichen Meisterschaft in der
Colorirung von Statuen als in der Formung zu bringen, würde es
unstreitig einer sehr ausgebildeten Technik und Uebung bedürfen.
Aber wo ist sie zuifinden? Auch könnten technische Schwierig-
keiten auftreten, welche das Gelingen solcher Versuche erschweren
und möglicherweise wirklich das volle Gelingen hindern. Nicht so
leicht wie in der Zeit der ersten Renaissance vereinigen sich jetzt
Maler und Bildhauer in derselben Person ; und sollten auch beider-
lei Künstler zu demselben Werke zusammentreten, so würde es
nicht hinreichen, in jeder Kunst für sich ein Meister zu sein, um
etwas Vollendetes zu liefern, sondern sie müssten sich auch auf die
Verbindung beider Künste gegenseitig eingerichtet haben. Nun
könnte man zwar für den ersten Anblick meinen, wenn ein Maler
eine menschliche Figur auf der Leinwand gut zu malen vveiss,
müsste er es um so leichter finden, eine Statue gut zu bemalen,
weil er dazu die Schattirung, welche durch die Beleuchtung der
Statue von selbst entsteht und die Erscheinung des Reliefs, sowie
Modellirung des Colorits daran bewirkt, einfach wegzulassen biitte,
indess er sie am Gemälde auf der Leinwand künstlich nachahmen
muss. Aber eben in dem Weglassen mag eine Schwierigkeit liegen.
Denn während er sich bei der Sehattirung im Gemälde an die
natürliche Erscheinung halten kann, gilt es" bei der Statue sich das
Vorbild jeder natürlichen Beschattung entkleidet vorzustellen, um
die davon abstracte Farbe auf der Statue richtig für die zutretende
einiger wenig befriedigend ausgefallener Versuche
no. 48 gedacht.
ak) Namentlich ist
Eggcrs Kunstbl. 4853.