Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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kann das beide Künste hindern, sich zu einer gemeinsamen Leistung 
zu verbinden, wenn nur ihre Verbindung auch Vortheile gewährt. 
Dass das aber nicht der Fall sein könne, lässt sich nicht aus der 
Verschiedenheit ihres beiderseitigen Begriffes beweisen. Aus glei- 
chem Grunde könnte man sonst die Verbindung von Musik und 
Poesie im Gesange, von Musik und rhythmischer Körperbeivegung 
im Tanz, und selbst die Ausmalung von Zeichnungen  
Um so weniger aber kann die Verbindung, welche die Plastik mit 
lllalerei in bemalten Statuen eingeht, a priori nach dem Begriffe 
beider Künste verworfen werden, als beide Künste für sieh ja 
eigentlich nur Abslraeta dessen geben, was in der Natur zu einem 
lebendigen Ganzen einheitlichst verbunden ist. Diese Abstraction 
scheint viel eher der Rechtfertigung zu bedürfen, als die Ver- 
bindung.  
ltian hat gesagtäi), die Kunst habe überhaupt, statt auf Natur- 
wahrheit zu gehen, ndlß spirituelle Wesenhaftigkeit und die charak- 
teristische Eigenthümlichkeit der Dinge herauszuheben und zu ge- 
staltenu; die Farbe aber sei in dieser Beziehung gegenüber der 
Gestalt als unwesentlich und zufällig anzusehen, also beschränke 
man sich in der Sculptur auf die Gestalt. 
Aber im Gegentheile: die Farbe ergänzt die Gestalt nicht nur 
durch einen natürlichen Schmuck, den man der Gestalt wohl gön- 
nen kann, sondern auch durch Charakteristik in Bestimmungen, 
wozu die Gestalt selbst nicht reicht. Die Bötbe oder Blasse einer 
Wange, das mehr weissliche oder bräunliche Colorit der Haut, die 
Einförmigkeit oder Abwechslung der Tinten in ihr, das blonde oder 
brünette Wesen überhaupt, die Farben der Bekleidung undNeben- 
dinge, alle sagen uns etwas, was die blosse Gestalt nicht sagen 
kann, und was in Zusammenhang mit der Gestalt wesentlich zur 
Clrarakterzeiohnung einer Person laeitragen kann. Der Maler malt 
den Pan brauner als den Apoll, das Christkind lichter als den 
Johannes und verschwendet allen Reiz des Colorits, dessen er und 
die Natur mächtig ist, an die Göttin der Schönheit und die Diene- 
rinnen ihres Reizes; nun wüsste ich nicht, warum an den plastischen 
Gestalten solche Unterschiede weniger zurlebendigen Charakteristik 
beitragen sollten, als an den gezeichneten, vielmehr für zufälliger, 
unwesentlicher anzusehen wären. 
Eggers Kunstbl. 
4853.
	        
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