495
halt zuzugestehen, als sie nun eben an antiken Statuen aus guter
Zeit statt gefunden, nur nicht weiter, Alles aber scheint ja daran
nicht gemalt werden zu sein, theils aber auch, um vielmehr den
eigenen Geschmack zu retten, zu sagen: waren die Alten in den
meisten Beziehungen des Geschmacks mustergültige Lehrer des
unsern, so sind wir hingegen in manchen über sie hinausgeschritten
und verwerfen richtiger die ganze Malerei an Statuen; sie mag bei
ihnen traditionelle Motive gehabt haben, welche für uns nicht be-
stehen oder nicht massgebend sein können. Oder auch, da die
Untersuchungen über die Polychromie der Statuen wie Architektur
bei den Alten doch noch nicht abgeschlossen sind, wundert man
sich vorläufig nur über den bunten Geschmack der Alten, so weit
etwas davon bekannt ist, lässt ihn aber dahingestellt, und ver-
schiebt ein endgültiges Urtheil bis auf noch genauere Unter-
suchungen darüber. Nach Allem aber findet man keinen Anlass,
die Alten in der Malerei der Statuen nachzuahmen, und so bleibt
sie, wie in der Hauptsache theoretisch, so auch factisch und prak-
tisch, unter uns verwerfen.
Zur Orientirung über den Sachverhalt der antiken Polyehromie
von Statuen mag es nützlich sein, unsrer weitern Besprechung
folgende Stellen aus einer Abhandlung von O. Jahni"), einem der
gründlichsten Kenner in diesen Dingen, vorauszuschicken, Welche
mit besonderer Beziehung auf eine, im J. 4863 in der sog. Villa
der Ciisaren beiBom aufgefundene, polychrome Marmorstatue (les
Augustus verfasst ist. H)
nWas die Statue auf den ersten Blick merkwürdig macht, das
ist die durchgängige Anwendung der allenthalben deutlich erhal-
tenen Farbe. Dadurch Wird sie ein besonders lehrreiches Beispiel
der polych rom cn S culptur, und wenn es auch, um die That-
sache zu constatiren, keiner Belege mehr bedarf, ein sehr willkom-
mener. Hat man der mittelalterlichen Sculptur gegenüber ihre
Vielfarbigkcit zum Argument ihrer Barbarei gemacht, so muss jetzt
als ausgemacht gelten, dass sie auch für die griechische Kunst zu
T) Grenzboten 4868. N0. 3. S. 84 ff.
M) Eine Zusammenstellung der Stellen, welche in alten Schriftstellern
auf Pnlychromie von Statuen und Architektur beziehbar sind, findet sich in:
"Kugler, über die Polychromie der griechischen Architektur und Sculptur und
ihre Gräinzeiyu und hieraus in Kuglers Museum 4835. 110. 9. u. 40.
43k