Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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fortgeschrittene Kunst der Jetztzeit aber besteht auf dieser Theilung, 
und der jetzige Geschmack stellt gebieterisch diese Federung. Um 
zu verlernen, dass es Farbe giebt, gehe man in ein Antikenkabinet 
oder eine Gipssammlung, und um die Gründe dieser Verbannung 
der Farbe von der Gestalt zu erfahren, schlage man unsere ästhe- 
tischen Lehrbücher oder die mancherlei Specialabhandlungen, die 
diesem Gegenstande besonders gewidmet sind, auf, und man wird 
der Gründe so viele und vielerlei finden, dass sogar ihr Gewicht 
durch ihre Menge verdächtigt werden könnte. 
im Grunde freilich erscheint das Verbot, der Gestalt die ihr 
natürliche Farbe zu geben, nur als die Parallele zugleich und Er- 
gänzung des Verbotes, dem Gemälde den vollen Schein des Reliefs 
zu gehen. Keine Kunst soll der andern in das Ilandwerk pfuschen, 
noch vergessen, dass, um Kunst zu sein, sie nicht die Natur ganz 
nachahmen muss. Mag es jede nur von einer Seite thun, um die 
Natur selbst von dieser Seite zu überbieten, nicht die Aufmerk- 
samkeit zu zerstreuen, nicht die Phantasie um die ihr zustehende 
Leistung zu verkürzen, nicht durch das Zuviel, was sie von ge- 
wisser Seite giebt, das doch fehlende Leben um so mehr vermissen 
zu lassen, und dadurch den Eindruck unheimlicher Starrheit zu 
erzeugen. 
Mit weniger Worten kann ich Wohl nicht die hier und da vor- 
gebrachten Gründe der herrschenden Ansicht zusammenfassen; 
eingehender wird unten darauf zurückzukommen sein. 
Nachdem nun so zu sagen durch Acclamation der Stimmen 
und Gründe gegen die ästhetische Zulässigkeit bemalter Statuen, 
mindestens naturwahr bemalter, entschieden ist, mag es in der Thnt 
misslich sein, noch ein Wort zu Gunsten derselben zu Wagen. Doch 
will ich im Folgenden zu zeigen suchen, dass nach allen bisher da- 
gegen vorgebrachten Gründen die Frage noeh eine ganz offene bleibt, 
und sich erst durch Erfahrungen wird entscheiden lassen, die zu- 
länglich noch gar nicht vorliegen. llleinerseits gestehe ich, dass ich, 
ohne selbst der Zukunft mit einer bestimmten Entscheidung vor- 
greifen zu können, doch nach folgender Erwägung der einschlagen- 
den Gründe und Thatsachen mehr geneigt bin, zu glauben, dass sich 
die Frage dereinst zu Gunsten als Ungunsten einer Kunst bemalter 
Statuen entscheiden wird, und zwar, um die gewagte Aeusserung 
von vorn herein in voller Bestimmtheit zu thun, zu Gunsten einer im 
Wesentlichen naturwahren ltlalerei der Statuen. Und um auch die 
F e eh n e r, Vorschule 
Aesth
	        
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