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Dass bei monumentaler Darstellung eine Vergrösserting der
natürlichen Dimensionen dienen kann, die Bedeutung eines Mannes
so zu sagen sinnlich auszuprägen, bedarf keiner Ausführung. Dass
man aber ein Porträt lieber viel kleiner als angenähert zur natür-
lichen Grösse darstellt, hat den Grund, dass die angenäherte Grösse
mit der wirklichen Grösse verwechselt werden könnte.
Bei Landschaften ist von vorn herein selbstverständlich, dass
auf die Darstellung ihrer Naturgrösse verzichtet werden muss, und
man sollte hier den Massstab der inneren Bedeutung auch am rein-
sten anwendbar zur Bestimmung der äussern Grösse halten; aber
es ist überhaupt schwer, den Massstab der Bedeutung hier ver-
gleichbar anzulegen ; indem die Weise wie der landschaftliche Ein-
druck zu Stande kommt, wenig vergleichbar mit dem von andern
Kunstwerken- ist. Immerhin kann man es für den ersten Anblick
auffallend finden, dass (nach den Ergebnissen des Anhangs-Ab-
schnittes) durchschnittlich die Landschaft etwas grösser als das
Genrebild ist; denn man kann doch nicht umhin, das Interesse am
Menschlichen für bedeutender zu halten, als an der äussern Natur.
Aber wieder giebt es hier einen Contlict. Die Landschaft bedarf
allgemeingesprochen einer grossen Ausbreitung von Gegenständen,
um überhaupt einen Eindruck zu machen; ein Genrebild kann
sich durchschnittlich mehr ins Kurze ziehen.
l Diess sind Beispiele, wie die Regel, die verhaltnissmassigc
Grösse der Bilder ihrer verhältnissmässigen Bedeutung anzupassen,
durch manche äussere und innere Ursachen Ausnahmen erleiden
kann; indess sie immer insoweit bestehen bleibt, als Gründe zu
solchen Ausnahmen nicht bestehen.
Manche Klassen von Bildern sind geneigt sich vielmehr nach
der Höhe, andere sich mehr nach der Breite zu strecken; manche
schwanken in weiten Grenzen um ihre mittlern Werthe, manche
in engern; woran sich wohl noch weitere Betrachtungen knüpfen
liessen, auf die ich doch nicht eingehen will, sofern sie nur lose
mit dem ästhetischen Interesse zusammenhängen, indess man eine
Unterlage dazu in den Massbestimmungen der Galleriegemälde,
welche im letzten, dem Anhaugsabschnitte, mitgetheilt sind, finden
kann, aus dem ich jedoch hier ein paar Resultate vorwegnehmen will.
Unstreitig lässt sich bei keiner Bilderklasse von einer einzigen
bestimmten Normal-Höhe und -Breite der Bilder in dem Sinne
sprechen, dass Abweichungen davon als Fehler zu betrachten