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lassen , als solche, wo das Schrecken v e rsteckte r Weise in Betracht
komme, gedeutet zu werden; und freilich ist eine Deutung, dass etwas ve r-
s leckt da sei, wovon kein Anzeichen davon da ist, in jedem Fall möglich,
nur kann man keine haltbare Theorie darauf stützen.
Es kann aber überhaupt das, vom einheitlichen Charakter und
derQuantität des Eindrucks abhängige, Lustgefühl der Erhabenheit
durch die besondere Beschaffenheit des Eindruckes eben sowohl
Unterstützung als Gegenwirkung finden; auch können subjective
Verhältnisse auf mancherlei Art gegenvvirkend auftreten; und die
Erhabenheit furchtbarer Gegenstände gewahrt selbst nur eins unter
vielen Erlauterungsbeispielen hiezu.
Wenn ein Tempel an Grösse wachst, so wachsen alle, unser
Lustgefühl in positivem Sinne bestimmende, Eigenschaften des-
selben mit; ja er empfängt solche zu grösserem Theile erst durch
seine Grösse, und so steigert sich der Lusteindruck der Grösse da-
durch oder wird selbst erst dadurch über die Schwelle gehoben;
hingegen wenn ein furchtbarer Gegenstand an Furchtbarkeit wächst,
so wachst mit dem ästhetischen Vortheil der Grösse des Eindrucks
zugleich der ästhetische Nachtheil der Furcht mit, und kann nach
Umständen von jenem Vortheil überwachsen werden oder denselben
überwachsen, wonach der Eindruck der Erhabenheit furchtbarer
Gegenstände obigen Bemerkungen gemiiss noch zu Stande kommen,
ja mit der Furchtbarkeit wachsen oder auch unterdrückt werden
kann. Denkt man sich nun aber etwa einen Floh oder eine Laus bis zur
Thurmgrösse vergrössert, so spricht man trotz der wachsenden Stärke
des Eindruckes gar nicht mehr von einem erhabenen, sondern gren-
lichen oder scheusslichen Gegenstande, indem die Unlust des Ekels
an diesen Thieren mit ihrer Grösse in jedem Falle viel starker
wächst als die Lust ihres Grösseneindruckes. Obwohl man selbst
hier eine solche Lust noch zugestehen muss. Denn sollte Jemand
ein solches Riesenthier dieser Art vorzeigen können, es würde ihm
nicht an Besuchern fehlen, die es einmal, aber freilich hlos ein-
mal würden sehen mögen. Auch ein Amor aber, in ungeheuren
Dimensionen ausgeführt, würde uns nicht erhaben, sondern un-
geschlacht erscheinen, weil die ästhetisch vortheilhaftcn Associa-
tionen der blühenden zarten Jugend und des kindlichen Verhält-
nisses zur Göttin der Schönheit, welche die Idee des Amor wohl-
gefällig machen, darunter leiden würden, ohne dass der Vortheil
der wachsenden Grösse diesen Nachtheil zu compensiren vermöchte,