Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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der Erhabcnheit als mit der Schönheit. S0 wenig sinnlicher VVohl- 
klang allein Schönheit im höheren Sinne zu begründen vermag, 
trägt er doch wesentlich zur Schönheit des Gesanges bei, und so 
wenig man von Erhabenheiteinei"hlos sinnlichen Grösse in h öh e rm 
Sinne wird sprechen können, trägt sie doch da, wo sie als Unter- 
lage höherer Beschäftigung auftritt, wesentlich zum Eindrucke der 
Erhabenheit bei. 
Nicht minder als bei den grossartigen Natursceneu von activer 
Erhabenheit spielt in den oben angeführten Beispielen passiver Er- 
habenheit die Association ihre Rolle. Die sinnliche Oede der Glet- 
scherregionen für das Auge thutls nicht allein; aber was knüpft 
sich nicht Alles von so zu sagen _öden Vorstellungen daran, als: 
Hier wächst nichts, hier lebt nichts, hier gedeiht nichts, hier ist 
für menschliches Treiben keine Stätte; hier warst du sicher vor 
einer Störung durch das Weltgetümmel; hier ist ewiger Friede; 
hier ist die Wirkung und Wohnung eines über die Welteinzelheiten 
erhabenen einsamen Geistes. Das sind nun unstreitig grossentheils 
unlustvolle Associationen; und wer wird leugnen, dass uns 
aus gewissen Gesichtspuncten eine solche Oede wirklich missfällt ; 
ja sie würde uns überwiegend missfallen, wenn wir wüssten, dass 
wir in dieser Oede, in der sich nicht leben lässt, doch leben sollten. 
Da aber dieser Anspruch unsrer Vorstellung fern bleibt, so gewinnt 
hiegegen die Lust des gewaltigen Eindrnckes, den die Pause im 
blühenden Leben macht, leicht das zeitweise Uehergewieht, ein 
Uebergewicht, was doch gar nicht nothwerdig eintritt, da der Ge- 
schmack an solchen Gegenden so zu sagen erst ein Product der 
neueren Romantik ist. (Vergl. Th. I. S. 342.) 
Die Frage nach dem Lust- oder Unlustcharaktcr des Eindruckes 
der Erhabenheit anlangend, so halten es bemerktermasseu Viele 
zum Eindrücke der Erhabenheit wesentlich, dass sich Lust 
und Unlust darin mischen, oder Lust nur als eine Art Beaction gegen 
Unlust zu Stande komme, hauptsächlich auf Grund dessen, dass 
das Furchtbare uns erhaben erscheinen kann, um so erhabener, 
je furchtbarer es ist. Burke, Lcmcke, Kant betrachten sogar 
Furchtbarkeit selbst als wesentlich zum Charakter des Erhabencn 
überhaupt oder doch des dynamisch Erhabenen, und Furcht fällt 
auf die Seite der Unlust. Ich meine aber doch nicht, dass man 
Recht hat. In der That vergleiche man den Zustand dessen, der 
einem empörten Meere oder vulkanischen Ausbruche gefahrlos und
	        
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