Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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Annäherung an diesen Wegfall eine Annäherung an solchen Ein- 
druck gewähren, also die Erscheinung von etwas sehr Kleine-m, 
Schwachen, insbesondere in Folge oder Nachlaarschaft von etwas 
sehr Grossem, Starken, fast eben so erhaben sein , als der völlige 
Wegfall in obigen Beispielen, statt dass es nur den, gar nicht 
erhabenen, Eindruck des Schwachen macht, z. B. einleises Ge- 
lispel statt einer Pause in einer rauschenden Musik. Aber diess 
möchte so zu fassen sein. Fällt die starke Crsach plötzlich auf 
grosse Schwäche herab ohne doch null zu werden (unter die 
Schwelle zu sinken), so nimmt nun das Schwache unsre Atlfmerk- 
sainkeit gefangen und giebt den entsprechend schwachen Eindruck, 
wogegen, wenn das Starke ganz Wegfällt, nichts Positives da ist, 
was unsre Aufmerksamkeit anzieht, mithin der starke Differenz- 
eindruck jetzt ungestört sich geltend macht. Uebrigcns kann doch . 
auch eine Ursach, ohne ganz wegzufallen, auf einen solchen Grad 
der Schwäche. sinken, dass unsere Aufmerksamkeit nicht mehr da- 
von angezogen wird, und dann laesteht auch die Annäherung an 
den Eindruck des völligen YVegfalls. Die erhahenste Oede und 
Pause ist doch nicht absolut öde und nicht absolut still. 
Dass der Eindruck der Erhabenheit nicht blos durch sin n  
liche Gegenstände oder Vorstellungen von solchen, sondern auch 
vorgestellte geistige Eigenschaften laewirkt werden könne, wird 
durch die Geläufigkeit der Ausdrücke: erhabener Charakter, erha- 
bene Gesinnung, erhabener Geist, bezeugt. Nur dass es nicht Sache 
der Aesthetik in der hier eingehaltenen Beschränkung ist, sich mit 
rein geistiger Erhabenheit zu beschäftigen, ausser sofern sie sich 
durch sinnliche Zeichen kund gieht. Und solche können zwar oft in 
sinnlicher Grösse oder Kraftäusserung, aber sie können auch in an- 
dern Zeichen liegen, wonach der Eindruck der Erhabenheit nichts 
Wenigerals allgemein in Proportion mitsinnlicherGrösse oderStärke 
wächst. Das Christkind in denArmen derRaphaePschen Sixtina macht 
einen erhabenern Eindruck als ein riesenmässiger St. Christoph auf 
andern Bildern; eine kleine Jkupiterslaüste kann erhabener scheinen, 
als eine grosse Negerhüste; und ein gothischer Dom erscheint erha- 
bener als ein viel grösserer Fels. Ja eine geistige Kraft kann um 
so erhabener erscheinen, mit je kleinern Mitteln sie einen grossen 
Zweck erreicht, wie denn Jean Paul geltend macht, dass die Be- 
wegung von Jupiters Augenbrauen erhabener sei als die seines 
Armes oder ganzen Körpers.
	        
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