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haben, ohne dass man einen andern Grund geltend zu machen
wüsste. Darum bedauert der Tourist in Italien es bitter, wenn er
einen Ausbruch des Yesuvs versäumt hat; und noch erinnere ich
mich, als Dresdens Umgegend von einer grossen Ueberschwemmung
heimgesucht wurde, wie Manche von Leipzig dahin reisten, nur
um das grossartige Schauspiel zu geniessen. Wenn eine Schlacht
in der Nähe einer Stadt geschlagen wird, so sieht man die Thürme
trotz der Gefahr, welche verirrte Kugeln drohen, mit Zuschauern
besetzt.
Insofern man den Lustcharakter des Gefühls der Erhabenheit
überhaupt anerkennt, kann man die Grösse oder Stärke eines Ein-
drucks in doppeltem Sinne dazu beitragend denken, einmal, inso-
fern die Lustbedingung, Welche im einheitlichen Charakter an sich
liegt, dabei so zu sagen einen multiplicirenden Factor gewinnt, zwei-
tens aber, insofern in der ausn ahm sweisen Grösse oder Starke
eines receptiven Eindrucks bei fehlenden Gegemvirkungen an
sich ein Lustmoment liegt. Der Mensch liebt und verlangt nun ein-
mal mitunterlaufende starke receptive Erregungen, wie uns aber
von anderer Seite auch das ausnahmsweise Kleine gefällt. Jeden-
falls gehört bei Eindrücken von ungewöhnlicher Stärke das Aus-
nahmsweise dazu, um uns zuzusagen, und sollte der Mensch Ein-
drücken von der Stärke der erhabenen fortgesetzt ausgesetzt sein,
so würde er statt fortgesetzter Lust bald Erschöpfung fühlen, und
es auf die Länge gar nicht aushalten. Es stumpft sich aber die
Empfindung bei dauerndem Aufenthalte in erhabener Unagelauiug
bald so ab, dass der Eindruck seine Stärke verliert, hiemit aber
auch das Lustgefühl der Erhabenheit verloren geht.
Nicht überall ist es die absolute oder positive Grösse, Starke,
Menge einer Ursach, wodurch ein erhabener Eindruck entsteht;
auch ein gewaltiger Abfall davon kann es sein, wie sich darin be-
weist,_ dass auch tiefe Ruhe, tiefes Schweigen, Oede, Pausen,
Nacht im Gegensatz und Contrast gegenßpositive Grössen einen er-
habenen Eindruck machen können, wonach man die dynamische
Erhabenheit in eine a ctive und pas sive unterschieden hat. Das
Gemeinsame beider objectiv gegensätzlichen Fälle liegt aber darin,
dass der subjective Eindruck doch beidesfalls ein starker und
durch seine Stärke ästhetisch wirksamer ist.
Ueberhaupt jede A enderu ng im zeitlichen Ablauf oder
räumlichen Felde unsrer sinnlichen, sowie associativ ausgelösten