Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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Also kann man sagen; der Himmel hat sich in dieser wie nach 
andern Beziehungen so vortheilhaft als möglich für uns eingerich- 
tet, indem er von dem monotonen und blos aufäussere Anschau- 
lichkeit berechneten Eindruck der Erhabenheit etwas Preis gege- 
ben, um uns den Genuss derselben immer neu undmit tiefer grei- 
fender Wirkung zu gewähren. 
Dass Grösse oder Stärke eines Eindruckes an sich selbst noch 
keine Erhabenheit begründet, ergiebt sich daraus, dass, wenn 
man einen erhabenen Gegenstand so abgeändert denkt, dass bei 
unveränderter Grösse oder Stärke seines Eindruckes der einheit- 
liche Charakter desselben ganz verloren geht oder gar zu undeut- 
lich wird, auch der Charakter der Erhabenheit wegfällt; denn was 
oben vom Himmel gesagt ward, gilt allgemein. So, wenn man den 
rollenden Donner durch einen Wechsel von Rollen, Knattcrn und 
Pfeifen ersetzt denkt, oder die Töne einer erhabenen Musik so ver- 
setzt, dass Melodie und Harmonie schwinden. 
Aber es gicbt genug Gegenstände, die einen einheitlichen Ein- 
druck machen, ohne doch erhaben zu erscheinen. Thatsache ist, 
dass überall, wo das Lustgefühl der Erhabenheit eintritt, es eben 
nur durch Vergrösserung, Erweiterung, Verstärkung eines einheit- 
lichen Eindruckes über ein gewohntes Mass ist und durch Ab- 
schwächung desselben verloren geht. So wenn eine blaue Glas- 
glocke, die uns klein nicht oder in unbedentendem Grade ästhetisch 
interessirt, sich zum blauen Himmelsgewölbe, das Rollen eines 
NVagens zum majestätischen Rollen des Donners, der Feuerstein 
mit dem Fünkchen daraus zum feuerspeienden Berge, der wellen- 
schlagende Teich zum wogensohlagenden Meere, das schwache 
Glockengeklingel zum Glockenläuten, das Modell eines gothischen 
Domes zum gewaltigen Dome, der schwache Charakter eines Men- 
schen im Drama oder Epos zur unerschütterlichen allen Anfech- 
tungen trotzenden Festigkeit erweitert, vergrössert, verstärkt. An 
all" dem fangen wir in der That nur nach Massgabe an, das den 
Eindruck der Erhabenheit charakterisirende, Gefallen zu finden, 
als mit der vermehrten Grösse oder Stärke des Gegenstandes der 
Eindruck extensiv oder intensiv Wächst. Ja wer wird leugnen, 
dass die furchtbarsten Schauspiele eben nur aufgesucht werden, 
um den Genuss der Grösse eines einheitlichen Eindruckes zu
	        
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