Volltext: Vorschule der Aesthetik (Theil 2)

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theils Abweichung bezüglich voriger Auffassungen von selbst fin- 
den werden. 
Beispiele des Erhabenen, woraus sein Begriff als abstrahirt, 
angesehen werden kann,.und woran sich derselbe erläutern lasst, 
sind im Gebiete der Natur: der reine blaue Tageshimmel, der 
sternenhelle Nachthimmel, Gewitter mit hochgethürmten Donner- 
wolken und mächtigen Blitzschlägen, gewaltige Stürme, das auf- 
geregte Meer, Ueberschwemmungen, der Eisgang grosser Ströme, 
grosse und hohe Wasserfälle, grosse und hohe, namentlich öde 
Bergaussichten, vulkanische Ausbrüche. Im Gebiete der K unst: 
Alles, was die göttliche Grösse und Macht, aber auch, was 
geistige Menschengrösse, Hoheit, Aufopferung, Standhaftigkeit 
poetisch, rednerisch oder anschaulich versinnlicht, Darstellungen 
des Weltgerichtes; grosse Dome, der olympische Zeus; im Gebiete 
der Musik insbesondere: Tonstücke mit ausgehaltenen vollen 
starken Tönen als namentlich Glockentönen, Orgeltönen. lm gei- 
stigen Gehiete: eben jene geistigen Grössen, welche für die 
Kunst zu Gegenständen erhabener Darstellung werden. 
Versuche ich nun im Rückblick auf diese Beispiele das Ge- 
meinschaftliche des Eindruckes, der dadurch erweckt wird, oder 
doch bei hinreichender subjeetiver Empfänglichkeit erweckt wer- 
den kann, zu bezeichnen, so scheint mir, das Gefühl der Erhaben- 
heit beruhe darauf, dass die Seele einen, aus der mittleren Grösse 
oder Stärke gewohnter Eindrücke heraustretenden, einheitlichen 
Eindruck mit Lustübergetwicht erfahre, dessen eigenthüm- 
licher Lustcharakter nicht durch den einheitlichen Charakter 
allein, sondern eben dadurch, dass der Eindruck zugleich ein star- 
ker oder grosser ist, wie umgekehrt nicht durch die Grösse oder 
Stärke allein, sondern dadurch, dass der Eindruck zugleich ein 
einheitlicher ist, bedingt wird. Bis zur Unendlichkeit sich in der 
Erklärung zu versteigen überlasse ich gern den Idealisten. Das 
Schöne, insofern man es nach einer engern Fassung dem Erhebe- 
.nen gegenübersetzen will, theilt mit ihm den einheitlichen Cha- 
rakter, aber nicht die, aus dem Gewöhnlichen heraustretcnde 
Grösse oderStärke des Eindrucks; in sofern man aber das Schöne so 
weit fassen will, dass das Erhabene selbst mit darunter tritt, in 
welcher Hinsicht die Definition frei steht, ist das Erhabene die be- 
sondere Art des Schönen, bei welcher die Grösse des Lustein- 
druckes von der Grösse des Eindruckcs selbst mit abhängt, ohne
	        
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