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Rücksicht auf ihre Angemessenheit und Deutlichkeit mehr gefallen
als andere. 4) Die in dieser Hinsicht für das Ganze des Werkes
massgebenden Gesichtspuncte auch für das Einzelne aber nur in
Unterordnung unter das Ganze massgebend zu halten. 5) Bei ein-
tretenden Gonflicten zwischen diesen Regeln jede der andern so
weit nachgeben zu lassen, dass das grösstmögliche und Werth-
vollste Gefallen im Ganzen dabei herauskommt.
Man darf wohl sagen, dass in diesen Regeln alle Regeln der
bildenden Kunst überhaupt inbegriffen sind; nur sind sie nicht
eben so leicht für den einzelnen Fall daraus zu holen, als darin
einzuschliessen. Der rechte Künstler trägt sie im Gefühl und ver-
werthet sie im Werke; Aufgabe des Aesthetikers ist, sie verstan-
desmässig auseinanderzusetzen, so weit es eben verstandesmässig
geht; und so werden wir auch unsrerseits diess in folgenden Ab-
schnitten versuchen.
der
und Kritik
Bemerkungen über Analyse
Kunstwerke.
Ein Kunstwerk kann uns gefallen oder missfallen, ohne dass
wir uns die Momente und Gründe des Eindruckes und seiner Be-
rechtigung besonders zum Bewusstsein bringen; in sofern es aber
geschieht, üben wir ästhetische Analyse und Kritik an dem Werke.
Durch solche wird der Genuss, den wir vom Eindrucke des
Kunstwerkes selbst erwarten, unmittelbar nicht erhöht, vielmehr
in gewisser Weise gestört, daher bei Manchen ein Vorurtheil dage-
gen besteht. Man muss sich, sagen sie, dem Eindrucke eines
Kunstwerkes nur möglichst rein hingeben, um den wahren und
vollen Genuss davon zu haben. Die Empfindung der Schönheit ist
keine Sache des Verstandes.
Inzwischen kann von Störung des Genusses durch Reflexion
auf dessen Momente und Gründe doch nur in sofern die Rede sein,
als die Reflexion mit dem Genusse gleichzeitig geübt werden soll ;
aber da jeder ästhetische Genuss sich allmälig erschöpft, kann sie
recht wohl mit unterlaufend oder nachher geübt werden, und man
dann bereichert durch das ästhetische Verständniss zum Genusse
zurückkehren. Das ästhetische Verständniss aber trägt nicht nur