XXXII.
Erhabenheit.
der
Vom Begriife
Man könnte sich vielleicht wundern, wenn in einem zwei-
bändigen Werke über Aesthetik, worin so viel von Schönheit ge-
sprochen worden, nicht auch dem Begriffe der Erhabenheit einige
Aufmerksamkeit geschenkt würde; also holen wir das bisher in
dieser Hinsicht Versäumte nach.
In der That pflegt nächst der Kategorie der Schönheit die Ka-
tegorie der Erhabcnheit als der Wichtigste Begriff der Aesthetik
behandelt und so zu sagen als Nebenbuhler jener Kategorie in der
Herrschaft über das ästhetische Gebiet betrachtet zu werden.
B urke schrieb eine besondere Schrift vPhilosophische Untersuchung
über den Ursprung unserer Begriffe vom Schönen und Erhabenene ;
Ka nt theilt seine ästhetischen Untersuchungen (in der Kritik der
Urtheilskraft) in eine Analytik des Schönen und des Erhabenen;
und überall hat sich der ästhetische Tiefsinn eine Aufgabe daraus
gemacht, mit dem einen auch dem andern Begriffe sowie dem Ver-
hältnisse beider auf den Grund zu gehen.
Nicht minder freilich als über die Schönheit sind die Ansichten
der Acsthetiker über die Erhabenheit sehr auseinandergegaugen,
wie aus folgender, nichts weniger als vollständigen, Begistrirung
derselben erhellt. Noch grösser würde die Mannichfaltigkeit der
Ansichten erscheinen, wenn sie in die Details verfolgt werden sollte,"
indess ich hier blos auf llauptpuncte und damit zugleich Haupt-
gegenstitze der Ansichten achten werde.
Nach Garriere, Herbart, Herder, Hermann, Kirch-
mann, Siebeck, Tihiersch, Unger, Zeising ist dasErhabenc
nur eine besondere Art oder Moditication des Schönen, wobei jedoch
die Weise, wie sich das Erhabene dem Schönen unterordnet, von
den verschiedenen Autoren zum Theil sehr verschieden gefasst wird.
Hiegegen stehen sich nach B u. rk e, K an t , S ol g e r Erhabenheit und
Schönheit einander ausschliessend gegenüber, so dass das Erhabene
niemals schön, das Schöne niemals erhaben sein kann, oder dass
doch beide durch ihr Zusammensein sich gegenseitig schwächen,
wobei wiederum von den Verschiedenen verschiedene Gesichts-
puncte des Gegensatzes aufgestellt werden. Nach Weissc ist die
Erhabenheit nicht sowohl eine besondere Art der Schönheit, als
dass sie einen Bestandbegriff der Schönheit selbst bildet, so dass
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