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dieser Art mehr oder weniger zu unterliegen scheinen. Thatig
freilich ist auch der receptiv angeregte Geist; aber man wird nicht
jede Thätigkeit, namentlich nicht die, in welche der Geist durch
die Auffassung eines Kunstwerkes versetzt wird, als eine schöpfe-
risch productive fassen können, da vielmehr die productive Tha-
tigkeit, die der Künstler gebraucht hat das Werk zu erzeugen,
dem Geniessenden durch Umsetzen in die receptive Auffassung er-
spart wird.
ln der .,That ruht der ästhetische Eindruck der Musik viel-
mehr in einem lustvollen Verfolge gegebener Beziehungen, auf
deren Auffassung man eingeübt sein muss, als einer Bethtitigung
des eigenen Productionsvermögens. Beim Lesen eines Gedichtes
läuft eine gebundene Folge von Associationen mit den Worten zu-
gleich ab, ohne dass der Geist nur Zeit hat, eigene Schöpfungen
productiv zu intercaliren, und je bestimmter dasselbe ganz be-
stimmte Vorstellungen und Gefühle erweckt, einen desto grösseren
Eindruck macht es. Auch kann es bei diesem rein receptiven
Eindrucke sein Bewenden haben, indem der Geist durch den Ab-
lauf des Kunstwerkes in der Zeit auch fortlaufend beschäftigt wird.
Geht der Geniessende mit seiner Phantasie productiv darüber hin-
aus, was ja leicht der Fall sein kann, so ist das der YS-Tirkung des
Kunstwerks an sich selbst unwesentlich; und wohl noch öfter be-
steht die Nachwirkung des Kunstwerks in einem Zurückgehen da-
rauf als einem Darüberhinausgehen mit eigner Phantasie.
Mit Werken der bildenden Kunst verhält es sich in sofern
etwas anders, als sie nicht in der Zeit ablaufen, sondern bleibend
verharren, doch aber auch in einer gewissen Dauer durch Wechsel
laeschaftigen vrollen. Nun werden auch bei ihnen die Associationen,
auf welchen ihr Haupteindruck beruht (Th. I. S. l 116), dem Geiste
als unmittelbarer Anhang derAnschatiung geschenkt, nicht schöpfe-
risch yon ihm producirt, und überall sonst wird die associative
Thätigkeit zur unfreien oder selbst mechanischen Seite des Geistes-
lebens gerechnet. Auch kann die Fortdauer einer genussreichen
Beschäftigung mit solchen Werken bis zu gewissen Grenzen da-
durch erhalten werden, dass man die Aufmerksamkeit wechselnd
auf diese und jene Seiten oder Theile des Kunstwerkes richtet und
deren Wirkung receptiv aufnimmt. Indess besteht hier in der
That ein grösserer Anlass, als bei Musik und Poesie, die uns un-
willkürlich in bestimmter Richtung mit fortziehen und den Augen-
F ech ne r , Vorschule
Aesthgfik.